In der Gruppe H, in der Fussball-Grossmächte fehlen, ist Belgien der Favorit. Das zweite europäische Team Russland hat ebenfalls gute Chancen auf das Weiterkommen.
Es war eine bittere Niederlage für Belgien an diesem 17. Juni in Kobe, Japan. Die «Roten Teufel» schieden in den Achtelfinals der WM 2002 mit 0:2 gegen den späteren Titelgewinner Brasilien aus, nachdem sie lange gut mitgehalten hatten. Besonders ärgerlich war, dass der jamaikanische Schiedsrichter bei torlosem Spielstand aus unerfindlichen Gründen einen Treffer von Marc Wilmots annulliert hatte. Das Out leitete einen Absturz ein. Die nächsten fünf wichtigen Endrunden sollten ohne Belgien stattfinden.
Der perfekte Mix
Der Turnaround erfolgte mit Beginn der Qualifikation für die jetzige WM – und mit der Rückkehr von Marc Wilmots. Seine Beförderung zum Chef-Trainer erwies sich als Glücksgriff. Wilmots fand die richtige Mischung. Er vereinte Flamen und Wallonen, Alteingesessene und solche mit Migrations-Hintergrund, Talente und Routiniers. Diese Einheit liess den Gegnern in der WM-Ausscheidung keine reelle Chance und sie entfachte im Königreich Euphorie. Der Imagegewinn war enorm. So überraschte es nicht, dass sich Supertalent und Mehrfach-Bürger Adnan Januzaj von Manchester United kürzlich für Belgien entschied und nicht für eine andere Nation.
Wilmots hat die Qual der Wahl. Ihm steht ein Reservoir an Spielern zur Verfügung, um das ihn viele Trainer beneiden. Die professionalisierte Jugendarbeit trägt Früchte. Wilmots kann auf eine Achse zurückgreifen, die höchsten Ansprüchen genügt: Im Tor steht Thibaut Courtois vom Champions-League-Finalisten Atletico Madrid, der Abwehr-Patron ist Vincent Kompany vom englischen Meister Manchester City und in der Offensive wimmelt es nur so von prominenten Namen. Sturmspitze Romelu Lukaku war in der abgelaufenen Premier-League-Saison mit 15 Treffern Evertons bester Torschütze. Erinnerungen an die goldene Generation aus den Achtzigerjahren werden wach.
Fragt sich nur, ob Belgien in Brasilien kaschieren kann, dass es seit zwölf Jahren nie mehr an einer wichtigen Endrunde angetreten ist. Bayerns Daniel van Buyten ist nach der Ausbootung von Timmy Simons der einzige Spieler, der 2002 schon dabei gewesen war. Er hofft, dass die «Frischlinge» nicht vom Lagerkoller befallen werden.
Trainer Myung-Bo als grosses Vorbild
Südkoreas Trainer Hong Myung-Bo hatte als Spieler wie Wilmots vier WM-Teilnahmen auf dem Buckel. 1998 in Paris standen sich die beiden gar auf dem Feld gegenüber (1:1). Seit er die «Taeguk Warriors» 2002 an der WM im eigenen Land als Captain in die Halbfinals geführt hat, gilt Myung-Bo in Südkorea als Volksheld. Chef-Trainer der A-Auswahl ist er zwar erst seit letztem Jahr, seit dem Ende seiner Aktiv-Karriere hat er aber immer wieder im Verband gearbeitet, sodass er das aktuelle Team kennt. Nach Weltstars sucht man in Südkoreas Aufgebot vergeblich. Park Ji-Sung, einst bei «ManU», hat seinen Zenit überschritten und wurde nicht berücksichtigt. Südkorea zeichnet sich dadurch aus, dass es seinen Gegnern durch ständiges Attackieren kaum Luft zum Atmen lässt.
Wie launisch sind die Russen diesmal?
Nach dem enttäuschenden Vorrunden-Out an der EM 2012 unter Dick Advocaat hat Russland den nächsten Trainer von internationalem Renommée verpflichtet. Der italienische «Maestro» Fabio Capello, an der WM 2010 mit England unglücklich im Achtelfinal an Deutschland gescheitert, fasste den Auftrag, die «Sbornaja» zu stabilisieren. Er sollte dem Team Disziplin einimpfen und mentale Defizite eliminieren. Die Russen offenbarten zwar auch in der WM-Qualifikation ihre Launen, sie schafften es aber, den Schaden zu begrenzen. Capello scheute sich nicht davor, reputierte, aber in die Jahre gekommene Spieler wie Andrej Arschawin, Roman Pawljutschenko oder Pawel Pogrebnjak auszusortieren.
Algeriens magere Torausbeute
Für Aussenseiter Algerien wäre es nur schon ein Erfolg, wenn es Tore erzielen könnte. Bei den letzten zwei WM-Teilnahmen fielen die Torverhältnisse mit 0:2 (2010) und 1:5 (1986) ernüchternd aus. Der letzte Treffer gelang Djamel Zidane am 3. Juni 1986 gegen Nordirland. Vor vier Jahren in Südafrika durfte man sich immerhin über ein Unentschieden gegen England freuen. Bei der WM-Premiere 1982 hätte den Algeriern nicht viel zum Überstehen der Gruppenphase gefehlt, doch ihnen wurde die «Schande von Gijon», der Nichtangriffs-Pakt zwischen Deutschland und Österreich, zum Verhängnis.
Der bosnische Trainer Vahid Halilhodzic hat das Kommando seit 2011. Er musste einen Umbruch einleiten. Die Erfahrung geht den Algeriern deshalb etwas ab. Zu den routinierteren gehört Sofiane Feghouli, der in diesem Frühling mit dem FC Valencia den FC Basel aus der Europa League gekippt hat. Halilhodzic brennt auf sein WM-Debüt als Coach. 2010 hatte er wenige Monate vor Beginn der Endrunde trotz erfolgreicher Qualifikation seinen Posten als Trainer der Elfenbeinküste räumen müssen. Nach Südafrika durfte an seiner Stelle Sven-Göran Eriksson. Nach der WM in Brasilien dürfte Halilhodzic durch Christian Gourcuff abgelöst werden.