Gutverdienende wohnen in subventionierten Berner Wohnungen

Die Berner reiben sich die Augen: in den 560 städtisch subventionierten Sozialwohnungen leben bei weiten nicht nur Bedürftige, sondern vereinzelt sogar Millionäre. «Wir haben den Menschen zu sehr vertraut», räumt der städtische Finanzdirektor Alexandre Schmidt (FDP).

Der Stadtberner Finanzdirektor Alexandre Schmidt (Bild: sda)

Die Berner reiben sich die Augen: in den 560 städtisch subventionierten Sozialwohnungen leben bei weiten nicht nur Bedürftige, sondern vereinzelt sogar Millionäre. «Wir haben den Menschen zu sehr vertraut», räumt der städtische Finanzdirektor Alexandre Schmidt (FDP).

Schmidt betonte am Montag vor den Medien in Bern, er habe keine Anhaltspunkte, dass die Wohnungen ursprünglich an Nichtbedürftige vermietet worden wären. Doch wer einmal bedürftig sei, müsse das nicht ein Leben lang bleiben. Und genau diesen Aspekt habe man zu wenig kontrolliert.

«Unser System ist nicht geeignet, um Missbrauchsfälle zu verhindern», stellte Schmidt fest. Der seit rund einem Jahr amtierende Finanzdirektor zeigte sich enttäuscht von der «Dreistigkeit Einzelner, die das System in Misskredit gebracht haben».

Schmidt nannte am Montag auch erste Sofortmassnahmen, die er der zuständigen Betriebskommission des städtischen Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik beantragen werde. Die Kommission tagt am Freitag.

So sollen unter anderem die monatlichen Mietzinsrabatte pro Wohnung auf eine festgeschriebene Summe beschränkt werden. Weiter sollen Rückforderungen und – in besonders stossenden Fallen – Musterprozesse geprüft werden.

237 Kündigungen

Die Zeitung «Schweiz am Sonntag» hatte am Wochenende einen internen Bericht zur Nutzung der subventionierten Wohnungen in der Stadt Bern publik gemacht. Der Bericht zeigt auf, dass mehr als die Hälfte der Mieterinnen und Mieter gar keinen Anspruch auf eine Verbilligung haben.

237 Mietparteien erhalten eine Kündigung. Doch nicht alle würden einfach auf die Strasse gestellt, betonte Schmidt. In Härtefällen, etwa bei älteren Personen, brauche es Augenmass und Fingerspitzengefühl. Doch Schmidt machte auch klar: «Wir wollen wieder viele Wohnungen für wirklich Bedürftige freibekommen».

Millionen entgangen

Die Stadt Bern subventioniert die Wohnungen pro Jahr mit rund 1,3 Mio. Franken. Rund 710’000 Franken pro Jahr gingen an Personen, die kein Anrecht auf die Verbilligungen hatten. Die Stadt verlor so über die Jahre mehrere Millionen Franken.

Bei alledem stellt sich die Frage, wer das Desaster zu verantworten hat. «Man kann die Schuld nicht einer Person in die Schuhe schieben», betonte Schmidt. Er sprach vielmehr von «ganzen Generationen von Politikern und Verwaltungsmitarbeitenden», die zu lange zu passiv agiert hätten.

Die Stadt Bern gibt nach gewissen Kriterien verbilligte Wohnungen an Bedürftige ab. Die Einkommenslimiten bewegen sich zwischen 39’000 Franken pro Jahr für eine Einzelperson bis hin zu 83’000 Franken bei einem Achtpersonenhaushalt. Die Vermögensgrenze liegt bei 30’000 Franken für Alleinstehende und 60’000 Franken für Paare.

Die Maximallimiten für Netto-Mietzinse bewegten sich von 500 Franken für eine Einzimmerwohnung bis zu 1500 für grosse Wohnungen.

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