So etwas wie „Wahnsinnig glücklich“ heisst er auf norwegisch, fast „Krass glücklich“. Das sagt mehr als „Happy, Happy“ und gibt auch genauer wieder, was der Film kann: Hinter die Fassade des Glücks blicken. Ich nehme die stille Heiterkeit des Norweger Erstlings gerne mit ins verregnete Basel hinaus.
Agnes Kittelsen als Kaja (Bild: Sony Pictures)
So etwas wie „Wahnsinnig glücklich“ heisst er auf norwegisch, „Krass glücklich“. Das sagt mehr als „Happy, Happy“ und gibt auch genauer wieder, was der Film kann: Hinter die Fassade des Glücks blicken. Ich nehme die stille Heiterkeit des Norweger Erstlings gerne mit ins verregnete Basel hinaus.
Es ist die gelassene Zuversicht, die Verspieltheit und die nordische Gelassenheit, die mich für den Film einnimmt: Agnes Kittelsen spielt Kaja, die norwegische Variante der „Amélie“, nur zwanzig Jahre nach der Heirat. Wie Amélie strahlt auch Kaja unendlich viel Glück aus. Aber hat sie auch Grund dazu? Von lauter Kälte umgeben, lebt sie mit ihrem Mann und Sohn an einem fernen Ort: Sie steht nicht am Anfang der Liebe. Sie steht an deren Ende. Ein erfülltes Leben ist das nicht mehr, was sie da mit ihrem Ehemann und Sohn führt. Eher eine mütterliche Randexistenz, mitten in den routinierten Ansprüchen einer Kleinfamilie. Agnes strahlt noch. Agnes lächelt noch mit der Maske des Glücks. Sie strengt sich noch an. Aber sie schweigt schon.
Bis ein Paar in die Nachbarschaft zieht. Da wird aus dem Leben zu dritt plötzlich ein Leben zu sechst. Man sieht sich, man vergleicht sich, man trifft sich. Bei Paarspielen fallen die Masken. Fast abrupt gerät die Glücksfassade aus dem Lot. Was unausgesprochen war, wird plötzlich handfest: In das Gück des Schweigens dringt plötzlich das Glück des Handelns. Ehe sie sich versieht ist Kaja mit dem anderen Mann glücklich. Wie Dominosteine fallen jetzt die Beziehungsmasken aller Beteiligten: Sogar die Kinder erleben eine – phantastisch nebenbei erzählte – kleine Grundschule der Humanhistorie: Wie das afrikanische Adoptivkind mit dem kleinen Norwegerkind die Geschichte der Sklaverei durchlebt, gehört zu den lakonischen Nebengleisen, die den Film zu mehr als einer der üblichen Beziehungskiste macht: Da hat sich etwas entwickelt, zwischen den Leibeigenen und den eigenen Leibern.
„Happy, Happy“ ist – leichtfüssig – auch eine kleine Chaostheorie der Beziehungskrise: Es ist nicht die märchenhafte Amelie, die hier präzise Beziehungsillusionen schafft. Es ist eine realistische Kaja, die uns ein wenig das Gefühl gibt: wir bewegen uns. Die Abgründe werden klug umgangen, die Beteiligten wirken mehr im Zusammenleben als im Singledasein verankert. Als das zweite Paar wieder wegzieht, ist diese ferne Welt neu geordnet. Die Paare haben sich gefunden: Auf den festen Füssen des Wirrwarrs der Liebe: Wenn am Schluss der kleine Afrikanerjunge im Fernsehen Obama sieht, und die nächste Lektion in der Geschichte der Sklaverei lernt, sind wir glücklich gewiss, dass die Menschheit sich möglicherweise doch zum Besseren entwickeln möchte.