Harte Verhandlungen um Rettung Zyperns in letzter Minute

Unter höchstem Zeitdruck hat die zyprische Regierung am Sonntag in Brüssel um die Rettung ihres Landes vor dem Staatsbankrott gerungen. Umstritten war insbesondere der milliardenschwere Eigenanteil, den Zypern für die Hilfe der internationalen Geldgeber aufbringen muss.

Der Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem (hinten) und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, in Brüssel (Bild: sda)

Unter höchstem Zeitdruck hat die zyprische Regierung am Sonntag in Brüssel um die Rettung ihres Landes vor dem Staatsbankrott gerungen. Umstritten war insbesondere der milliardenschwere Eigenanteil, den Zypern für die Hilfe der internationalen Geldgeber aufbringen muss.

Staatschef Nicos Anastasiades traf im EU-Ratsgebäude die Spitzen von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), um über das Hilfspaket zu verhandeln. Ein im Anschluss geplantes Treffen der Euro-Finanzminister verzögerte sich um mehrere Stunden. Es wurde mit harten und langen Nachtverhandlungen gerechnet.

Der Druck, bei der Krisensitzung in Brüssel zu einer Einigung zu kommen, ist immens. Denn die Uhr tickt: Liegt bis Montag keine Lösung vor, will die EZB von Dienstag an Zypern den Geldhahn zudrehen. Dann würde die Wirtschaft innert Kürze zusammenbrechen.

Anastasiades spricht von Rücktrittsdruck

Der konservative Anastasiades soll nach Angaben des staatlichen zyprischen Fernsehens (RIK) gegenüber seinen Gesprächspartnern in Brüssel sogar von Rücktrittsdruck gesprochen haben: «Wollt Ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es.»

Zypern hofft auf Nothilfen der internationalen Geldgeber in Höhe von 10 Milliarden Euro. Für dieses Rettungspaket muss die Mittelmeerinsel jedoch einen Eigenanteil von insgesamt sieben Milliarden Euro aufbringen – davon sollen allein 5,8 Mrd. Euro von der Zwangsabgabe auf Bankkonten von Vermögenden zusammenkommen.

Zwangsabgabe im Mittelpunkt

Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes hatte auch den ganzen Samstag angedauert: In den Gesprächen mit der Troika der Geldgeber gab es immer wieder Komplikationen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe von Geldeinlagen.

Die Zeitung «Kathimerini» berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Bank of Cyprus, dem grössten zyprischen Geldinstitut, werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben.

Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100’000 Euro kommen. Zudem soll die zweitgrösste Bank, die Laiki Bank, soll in eine «gesunde» und eine «Bad Bank» geteilt werden.

Verhindern von Geldabfluss

Die Eurogruppe hatte bereits vor einer guten Woche einen Rettungsplan beschlossen, der jedoch wenige Tage später im zyprischen Parlament scheiterte. Das lag vor allem daran, dass auch Konten von unter 100’000 Euro mit der Zwangsabgabe belastet werden sollten.

Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag schliesslich einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfliessen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Ausserdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen.

Die Geldhäuser der Insel kommen auf Einlagen von 68 Milliarden Euro. 38 Milliarden davon liegen auf Konten mit einem Guthaben von mehr als 100’000 Euro – enorme Summen für ein Land mit nur 1,1 Millionen Einwohnern. Viele Gelder kommen aus dem Ausland, oft von reichen Russen oder Briten.

Abhebungen auf 100 Euro beschränkt

Die beiden grössten zyprischen Banken setzten am Sonntag neue Höchstbeträge für Abhebungen an Geldautomaten fest. Kunden der Bank of Cyprus dürfen nur noch bis zu 120 Euro am Tag abheben, Kunden der Laiki Bank bis zu 100 Euro.

Sämtliche Bankfilialen in Zypern sind seit dem 16. März geschlossen. Seither bilden sich regelmässig lange Schlangen vor Geldautomaten.

Mehrere Hundert Demonstranten demonstrierten am Sonntagabend vor den Büros der Vertretung der EU in Nikosia gegen das «Spardiktat» aus Brüssel.

Nächster Artikel