Eigentlich wäre ein Auftritt im San Paolo von Neapel ein Karriere-Highlight für jeden Schweizer Fussballer. Dort steht für YB heute Abend das vierte Vorrundenspiel in der Europa League im Programm.
Das Gastspiel in der Metropole am Fusse des Vesuvs kommt für YB aber zur Unzeit. Nach einmal mehr unbefriedigenden Resultaten in der Super League gehört der Fokus dem in mehrfacher Hinsicht wegweisenden Heimspiel vom Sonntag gegen Sion. Die ambitionierten Berner liegen in der Meisterschaft, in der eine Top-3-Klassierung Pflicht ist, sieben Punkte hinter dem Dritten St. Gallen und elf Punkte hinter Leader Basel zurück.
Die vier Niederlagen bei Sparta Prag, gegen Aarau, in Basel und gegen Vaduz haben den Monat Oktober – abgesehen vom 2:0 gegen Napoli – zu einer tristen Angelegenheit verkommen lassen. Vor allem der Fehltritt gegen Aufsteiger Vaduz nagt am Selbstvertrauen. «Das stellt die Vorfreude auf dieses spezielle Spiel in den Schatten», sagte Forte, einer von diversen Protagonisten im YB-Kader und -Staff mit Wurzeln in der Region Neapel. Für den Coach ist das zweite Kräftemessen mit Napoli deshalb «gewissermassen das Dessert».
«Wir treten deswegen aber nicht mit gedämpften Erwartungen auf», versprach Forte. «Weil wir auch in Neapel unser Spiel aufziehen können.» Mit welchem Personal das geschehen wird, ist noch nicht abzusehen. Forte liess durchblicken, den einen oder anderen Akteur schonen zu wollen.
Diametral anders als bei den Young Boys sieht die Formkurve von Napoli aus. In der Serie A ist die Squadra von Rafael Benitez seit sieben Spielen ungeschlagen, ebenso in Europacup-Heimspielen. Vor allem aber, so haben die Nachrichtenagentur ANSA oder die rosarote Sportbibel «Gazzetta dello Sport» unisono festgestellt, habe sich die Mannschaft der Form ihrer besten Tage der Saison 2013/14 angenähert. «Das ähnelt wieder jenem Team, das im letzten Jahr in der Champions League Arsenal und Borussia Dortmund in Schach gehalten hat», schrieb die ANSA nach dem überzeugenden 2:0-Sieg gegen die AS Roma.
Eine zweite Niederlage gegen die Young Boys kann und will sich Napoli nicht leisten. Den Zorn der Fans bekam das Team in Bern zu spüren, als es von rund 100 Supportern an der Wegfahrt aus dem Stadion gehindert wurde. «Wir wollen gewinnen, um der Qualifikation für die K.o.-Phase einen Schritt näherzukommen», sagte Benitez. Das spanische Taktikgenie muss unter anderen auf den kranken Captain Marek Hamsik verzichten. Benitez wird, wie in Bern, einigen Spielern der zweiten Garde eine Chance geben. «Wenn man nur 15 Spieler einsetzt, ist es schwierig, in drei Wettbewerben gut dazustehen. Deshalb müssen wir die Breite des Kaders ausnützen.»