Morgens um halb zehn zeigt die Uhr der Clarakirche bereits Mittagszeit an. Und um vier Uhr nachmittags noch immer. Die Erklärung ist simpel, lässt aber auch ein Blick zurück auf die Zeit zu, als Basel noch wirklich anders tickte.
Die meisten Menschen, die mehr oder weniger eilig den Claraplatz überqueren, merken es vielleicht gar nicht mehr. Denn heute gehört der auf das Smartphone in der Hand geneigte Kopf zur normalen Körperhaltung der Passantinnen und Passanten. Auf dem Bildschirm ist denn auch die genaue Uhrzeit abzulesen, was aber für umso mehr Verwirrung sorgen könnte, wenn der Blick vielleicht doch einmal hinauf zur Spitze der Westfassade der Clarakirche schweift. Die dortige Uhr zeigt nämlich morgens in der Früh bereits zwölf Uhr mittags an. Auch am Nachmittag und am Abend.
Und dies bereits seit einigen Wochen, wie uns berichtet wurde. Aber nicht nur bei der Uhr der Clarakirche stehen die frisch geputzten Zeiger still. Auch am Spalentor, das vor rund drei Wochen von seinem Baugerüst befreit wurde. Dort verharren die Zeiger auf der Innenstadtseite starr auf zwanzig nach acht, was nicht gerade einen freundlichen Eindruck hinterlässt: in Basel bezeichnet man ein mürrisches Gesicht als Zwanzig-ab-achti-Schnuure.
Sanierungsarbeiten
Der Grund für diese zeitliche Starre ist ein einfacher, wie bei den Industriellen Werken Basel IWB auf Anfrage zu erfahren ist: Die Uhr der Clarakirche wird gegenwärtig revidiert, dürfte aber Ende November wieder die richtige Zeit angeben. Und die Uhren am Spalentor wurden wegen Sanierungsarbeiten im Gebäudeinnern vorübergehend ausser Betrieb gesetzt, teilt Lars Knuchel, Leiter Unternehmenskommunikation mit. Die IWB sind im Auftrag des Kantons für den Betrieb und Unterhalt der Uhren auf öffentlichen Plätzen und an Kirchenfassaden zuständig. Insgesamt sind es rund 1200 Uhren.
Für zwei Kirchuhren (eigentlich sind es drei) ist die IWB aber nicht zuständig. Und diese gehen in den Wintermonaten ebenfalls falsch (wenn sie überhaupt die Zeit angeben können). Es handelt sich um die beiden Sonnenuhren unter dem Martinsturm des Basler Münsters und um die Sonnenuhr der Martinskirche. Diese Sonnenuhren gehören zu den wohl einzigen ihrer Art, die während den Wintermonaten eine Stunde vorgehen, während Sonnenuhren normalerweise bei der Umstellung auf die Sommerzeit von der gängigen Zeit abweichen.
«Basler Zeit» am Münster (Bild: Dominique Spirgi)
Basel tickte anders
Dies liegt am Umstand, dass Basel früher wirklich anders tickte. Bis 1798, als die Helvetische Republik ausgerufen wurde, kannte Basel seine eigene, die «Basler Zeit». Das heisst, dass die Uhren in der Stadt um eine Stunde vorgingen, und das 400 Jahre lang. Die Basler Uhren unterteilten den Tag nicht wie sonst üblich in jeweils zwölf Tages- und Nachtstunden, sondern hielten am mittelalterlichen Prinzip der Zählung der Gebetsstunden fest. Das heisst, dass sie Mittag und Mitternacht nicht als abgelaufene, sondern als erste anbrechende Stunde zählten.