Als erster burmesischer Staatschef seit fast einem halben Jahrhundert ist Thein Sein in Washington empfangen worden. Sein traf am Montag zu Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama im Weissen Haus ein.
Die USA wollen mit der Geste den Reformprozess in dem südostasiatischen Land unterstützen, das aber unter anderem wegen seines Umgangs mit der muslimischen Minderheit weiter in der Kritik steht.
Kurz vor dem Treffen hatte das US-Aussenministerium in seinem jährlichen Bericht zur Religionsfreiheit in der Welt Burma an den Pranger gestellt. Im Bundesstaat Rakhine hätten Regierungsvertreter die Gewalt gegen die muslimische Minderheit der Rohingya angefacht, heisst es dort. Ungeachtet der politischen Reformen habe sich der Respekt für die Religionsfreiheit im vergangenen Jahr nicht sonderlich verbessert.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wurden seit Juni 2012 bei den Auseinandersetzungen mindestens 211 Menschen getötet, die meisten davon Rohingya. Zehntausende Angehörige der Volksgruppe seien vertrieben worden. HRW sprach von einer «ethnischen Säuberung». Burmas Bevölkerung ist zu 90 Prozent buddhistisch, gut vier Prozent sind Muslime.
Sein wies die Vorwürfe in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der «Washington Post» zurück. Berichte, dass die burmesische Armee für Gewalt gegen Muslime verantwortlich sei oder diese dulde, seien «pure Erfindung», sagte er.
«Besonderer Platz» für Armee
Nach jahrzehntelanger Militärherrschaft war im Frühjahr 2011 die formal zivile, aber zu einem grossen Teil aus ehemaligen Militärs bestehende Regierung unter dem früheren General Sein angetreten. Sein sagte der «Washington Post», dass die Armee «immer einen besonderen Platz» in der burmesischen Politik und Gesellschaft einnehmen werde. Ein Viertel der Parlamentssitze sind laut Verfassung für Angehörige des Militärs reserviert.
Die neue Führung leitete aber eine Reihe von Reformen ein. Politische Gefangene kamen frei, die lange unter Hausarrest gestellte Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi wurde ins Parlament gewählt.
Als Zeichen der Annäherung hatte Obama vergangenen November als erster amtierender US-Präsident Burma besucht. Ausserdem lockerte Washington seine Sanktionen. Experten sehen hinter dem US-Interesse für Burma auch ein Ringen mit China um Einfluss in dem rohstoffreichen Land.
Der letzte Besuch eines burmesischen Staatschefs in Washington fand im Jahr 1966 statt. Damals war der Militärherrscher Ne Win auf Einladung von Präsident Lyndon Johnson in die USA gereist. Sein war bislang nur zur UNO-Generaldebatte in New York in die Vereinigten Staaten gekommen. Vor dem Weissen Haus versammelten sich am Montag Demonstranten, um gegen Seins Visite zu protestieren.