Seit Freitag steht die Schweiz als WM-Teilnehmer fest. Ohne Bedeutung ist das letzte Spiel der WM-Quali gegen Slowenien aber nicht. In Bern geht es heute (20.00 Uhr) um einen Platz im WM-Lostopf 1.
Die Vorstellung ist verlockend. Ein gut gefülltes Stadion in Bern, das den Rahmen bietet für eine ausgelassene Schweizer Fest-Stimmung und mittendrin ein gelöster Nationalcoach Ottmar Hitzfeld, der den Auftritt seiner Mannschaft zum Abschluss der erfolgreichen WM-Kampagne so richtig geniessen kann. Doch so wird es nicht sein.
Hitzfeld will von einem Schaulaufen nichts wissen. Auch gegen Slowenien steht das Resultat im Vordergrund. «Meine Anspannung wird auch in diesem Spiel gross sein. Wir wollen eine optimale Leistung abrufen und die Qualifikation ungeschlagen beenden. Wir müssen einen guten Job machen. Das verlange ich von mir und von der Mannschaft.»
Auf Schützenhilfe angewiesen
Hitzfeld mag einen Tag vor dem letzten Spiel eine Spur gelöster sein als bei anderen Gelegenheiten. Er mag einmal mehr lächeln als sonst, wenn er zu den Medien spricht. Aber Hitzfeld ist auch vor diesem Auftritt gegen Slowenien absolut fokussiert auf die Aufgabe. Er weiss, dass er und das Team in Bern Meilensteine in der SFV-Historie setzen können. Bleiben sie zum 14. Mal in Folge ungeschlagen, haben sie den Rekord der Mannschaft von Köbi Kuhn (18. August 2004 bis 12. November 2005) egalisiert – und nebenbei als erstes Schweizer Nationalteam seit 64 Jahren eine WM-Qualifikation ohne Niederlage hinter sich gebracht (1949 genügten dazu freilich zwei Siege gegen Luxemburg).
Gegen Slowenien geht es aber nicht nur um den einen oder anderen Eintrag in den SFV-Annalen. Siegt die Schweiz, ist sie erstmals seit exakt 18 Jahren in den Top Ten des FIFA-Rankings klassiert. Das ist vor allem dann relevant, wenn sie in der neuen Weltrangliste (per 17. Oktober) unter den besten 7 figuriert. Neben einem Erfolg gegen Slowenien braucht es dazu aber auch noch die Schützenhilfe von Armenien (gegen Italien/4. des FIFA-Rankings), Paraguay (gegen Kolumbien/5.) und Argentinien (gegen Uruguay/7.). Wenn eines dieser drei Teams nicht verliert, ist die Schweiz an der WM-Gruppen-Auslosung am 6. Dezember in Costa do Sauipe im Topf 1 gesetzt. Hitzfeld: «Das wäre ein fantastischer Moment.»
Wie sehr das FIFA-Ranking die Motivation der Spieler beeinflusst, ist unklar. Valon Behrami schwächt die Bedeutung vor dem sportlichen Hintergrund ab. «Ich glaube nicht, dass dies unseren Weg an der WM erleichtert. Die Erfahrung von Südafrika lehrt uns, dass alle Spiele schwierig sind. Sei es gegen Spanien, Chile oder Honduras.» Teamkollege Blerim Dzemaili hingegen sieht das Prestige, das mit der Top-Setzung einhergeht. «Wenn du für eine WM im Topf 1 gesetzt bist, hast du die Anerkennung der ganzen Welt auf sicher.»
Chance für Ersatzspieler
Statistik und Setzung: Es gibt für die Schweiz genügend Gründe, das letzte Spiel seriös anzugehen. Im Duell mit einem Gegner, der unter dem neuen Trainer Srecko Katanec aus den letzten vier Partien der Qualifikation 12 Punkte holte, muss und wird Hitzfeld dem einen oder anderen Ersatzspieler eine Chance geben. Er muss auf den gesperrten Steve von Bergen und auf die verletzten Xherdan Shaqiri und (wie in Albanien) Stephan Lichtsteiner verzichten, die durch Johan Djourou, Admir Mehmedi und Michael Lang ersetzt werden.
«Weitere Wechsel sind möglich», stellte der Coach in Aussicht. Hitzfeld könnte Valon Behrami und Valentin Stocker, vielleicht auch Fabian Schär, Ricardo Rodriguez und sogar Torhüter Diego Benaglio eine Pause gönnen. Für sie könnten neben anderen erfahrene Ersatzspieler wie Philippe Senderos, Dzemaili und Tranquillo Barnetta in der Startformation stehen. «Das ist eine Genugtuung und eine Anerkennung für diejenigen, die etwas weniger gespielt haben und es nicht immer einfach hatten, die aber immer voll mitgezogen haben», sagte Dzemaili.
Diese Spieler müssen gegen Slowenien beweisen, dass stimmt, was beispielsweise Dzemaili unter dem «grossen Potenzial» versteht, das die aktuelle SFV-Auswahl auszeichnet. «Im Vergleich mit dem Nationalteam, in das ich vor sieben Jahren gestossen bin, haben wir heute ein breiteres Kader. Jede Position ist doppelt besetzt. Wenn einer ausfällt, ist fast keine Differenz zu spüren.» Erhält Hitzfeld diesbezüglich in Bern und in den Testspielen der nächsten Monate eine positive Antwort, hat die Schweiz nicht nur womöglich den Sprung in Topf 1 realisiert, sondern auch tatsächlich einen Schritt in die Richtung der grossen Fussball-Nationen gemacht.
Schweiz – Slowenien. – Stade de Suisse, Bern. – Dienstag, 20.00 Uhr (TV/SRF2). – SR Kuipers (Ho).
Mögliche Aufstellungen:
Schweiz: Sommer (Basel); Lang (Grasshoppers), Senderos (Fulham), Djourou (Hamburger SV), Ziegler (Sassuolo); Dzemaili (Napoli), Inler (Napoli); Mehmedi (Freiburg), Xhaka (Mönchengladbach), Barnetta (Eintracht Frankfurt); Seferovic (San Sebastian). – Abwesend: Von Bergen (Young Boys/gesperrt), Lichtsteiner (Juventus Turin), Shaqiri (Bayern München/beide verletzt).
Slowenien: Handanovic (Inter Mailand); Brecko (1. FC Köln), Ilic (Hapoel Tel Aviv), Cesar (Chievo Verona), Andraz Struna (Giannina/Grie); Mertelj (Maribor); Ljubijankic (Omiya Arija/Jap), Kampl (Salzburg), Kurtic (Sassuolo), Kirm (Groningen); Novakovic (Omiya Ardija/Jap). – Abwesend: Birsa (Milan), Jokic (Villarreal), Matavz (PSV Eindhoven), Ilicic (Fiorentina/alle verletzt).