HIV-Infizierter kritisiert Insel-Ärzte im Heiler-Prozess

Der Berner Heiler-Prozess hat am Mittwoch mit der Einvernahme eines ersten der 16 HIV-Infizierten begonnen. Der Mann sagte aus, die Ärzte am Berner Inselspital hätten ihm seinerzeit von einer Anzeige gegen den selbst ernannten Heiler abgeraten.

Der angeklagte "Heiler" soll 16 Personen vorsätzlich HIV-infiziertes Blut gespritzt haben (Symbolbild) (Bild: sda)

Der Berner Heiler-Prozess hat am Mittwoch mit der Einvernahme eines ersten der 16 HIV-Infizierten begonnen. Der Mann sagte aus, die Ärzte am Berner Inselspital hätten ihm seinerzeit von einer Anzeige gegen den selbst ernannten Heiler abgeraten.

Dass er tatsächlich vom „Heiler“ infiziert worden sei, werde man ohnehin nicht nachweisen können, habe ihm der leitende Oberarzt der Abteilung erklärt. Allerdings sei offensichtlich gewesen, dass der Insel-Arzt den Namen des „Heilers“ damals nicht zum ersten Mal gehört habe.

Trotz des Insel-Ratschlags habe er den „Heiler“ im Januar 2005 angezeigt, führte der Mann weiter aus. „Mir war klar, dass es weitere Opfer geben wird, wenn wir nicht die Polizei einschalten.“

Die Justiz nahm 2005 aufgrund mehrerer Anzeigen ihre Voruntersuchung auf. Alle 16 Personen wurden laut Anklageschrift zwischen 2001 und 2005 infiziert.

„Von Schwägerin überredet“

Der Mann, der am Mittwoch den Reigen der Einvernahmen eröffnete, befindet sich nach eigenen Angaben im Stadium C3. „Das heisst, ich habe Aids“ – auch wenn es ihm dank den Medikamenten den Umständen entsprechend gut gehe und er sein Leben zu leben versuche.

Den „Heiler“ habe er ein einziges Mal im Mai 2004 besucht. Er habe unter leichter Epilepsie und Migräne-Anfällen gelitten und sich von seiner Schwägerin zum Besuch überreden lassen. Die Schwägerin sei schon länger mit dem „Heiler“ bekannt gewesen. Dass sie zu diesem Zeitpunkt selber bereits HIV-positiv war, habe er nicht gewusst.

Der „Heiler“ habe auf ihn „übertrieben freundlich“ gewirkt und sich stark für seine Gesundheitsprobleme interessiert. Der Mann habe dann eine Akupunkturbehandlung angekündigt und ihn aufgefordert, sich auf den Teppich zu legen.

Ein einziger Stich

Der „Heiler“ sei kurz verschwunden. Als er zurückgekommen sei, habe er in der linken Hand einen Stein gehabt und in der rechten Hand ein Tuch, unter dem er wohl etwas verborgen habe. Der Mann habe ihn von hinten kurz in die Schulter gespritzt – „der Stich dauerte zwei, drei Sekunden“ – und die Behandlung danach für beendet erklärt.

Anderthalb Wochen später habe er zuerst Magenprobleme gehabt, dann extreme Kopfschmerzen, Hautrötungen und hohes Fieber. Nach einer Antibiotika-Behandlung sei es ihm zwar zunächst besser gegangen. Der Hausarzt habe aber aufgrund der Symptome einen HIV-Test vorgeschlagen.

Dass dieser positiv ausfiel, könne er sich nur mit der „Akupunktur-Behandlung“ erklären. Andere mögliche Ansteckungsherde sehe er nicht.

Unklares Motiv

Über das mögliche Motiv des Angeklagten könne er nur spekulieren. Er habe sich – anders als seine Schwägerin und seine Frau – nie für die Behandlungen des „Heilers“ und auch nie für dessen Musikunterricht interessiert. Das habe den Mann vielleicht in seinem Stolz verletzt.

Denkbar sei auch, dass der „Heiler“ seine Opfer mit der Infizierung in Abhängigkeit habe bringen wollen. Anschliessend habe er womöglich versucht, den Leuten mit einer bezahlten Behandlung zu „helfen“.

Der Prozess vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland zieht sich über gut zwei Wochen hin. Der Angeklagte soll mindestens 16 Menschen vorsätzlich mit dem HIV-Virus und teilweise auch mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert haben. Er weist alle Anschuldigungen zurück.

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