Die Bulgarinnen und Bulgaren sind erneut zu den Urnen gerufen worden. Die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag ist mit einer etwas höheren Beteiligung als bei der Neuwahl 2014 angelaufen.
Wie die Zentrale Wahlkommission in Sofia mitteilte, gingen drei Stunden nach Öffnung der Wahllokale 8,44 Prozent der Stimmberechtigten zu den Wahlurnen. (2014: 7,81 Prozent). Auch jetzt gab es – wie bei früheren Wahlen in dem ärmsten EU-Land – Hinweise auf Stimmenkauf.
Soziologen erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden grossen Parteien – den bis Januar regierenden Bürgerlichen (GERB) und den Sozialisten (Ex-KP) mit jeweils etwa 30 Prozent der Stimmen. Ein leichter Vorsprung der GERB bei den Umfragen zum Abschluss des Wahlkampfes lag noch in der statistischen Fehlermarge.
Die pro-westlichste politische Kraft in Bulgarien, der Reformblock, schwebte demnach um die Vier-Prozent-Hürde für das Parlament. Drei weitere Parteien oder Bündnisse dürften auf mehr als vier Prozent der Stimmen kommen, darunter die Nationalisten und die etablierte Türkenpartei DPS. Der neuen anderen Türkenpartei DOST wird Nähe zu Ankara nachgesagt.
Spannungen mit Türkei
Die Wähler beider Türkenparteien leben sowohl in Bulgarien als auch in der Türkei. Bulgarische Nationalisten haben mit Protesten und Blockaden an der türkischen Grenze gegen Wähler aus der Türkei für Spannung zwischen Sofia und Ankara gesorgt. Der bulgarische Präsident Rumen Radew warf der Türkei Wahleinmischung vor.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigte Bulgarien, vor der Wahl «Druck» auf die ethnischen Türken auszuüben. In die Türkei waren 300’000 ethnische Türken aus Bulgarien in den Jahren des Kommunismus – teils unter Zwang – ausgewandert. Diese haben jetzt doppelte Staatsangehörigkeit.
Auch Russland wird Einflussnahme auf die Wahlen in dem einstigen Ostblockland nachgesagt. Der frühere pro-westliche bulgarische Präsident Rossen Plewneliew warf ausser der Türkei auch Russland vor, politische Parteien in Bulgarien zu finanzieren.
Die Parlamentswahl war nach dem Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung von Boiko Borissow (GERB) im November 2016 notwendig geworden. Auslöser war das Scheitern der GERB-Kandidatin bei der Präsidentenwahl. In Sofia regiert seit Januar 2017 ein Interimskabinett.