Hoffnung auf Lösung des griechischen Schuldenstreits wächst

Im Tauziehen um neue Finanzhilfen ist EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Donnerstag erneut mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras zusammengekommen. Dieser versicherte, es werde noch an einer Abmachung zwischen Geldgebern und seinem Land gearbeitet.

«Genug geblutet - genug bezahlt» steht auf dem Banner, das Protestierende vor die Fassade des Finanzministeriums in Athen gehängt haben. (Bild: sda)

Im Tauziehen um neue Finanzhilfen ist EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Donnerstag erneut mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras zusammengekommen. Dieser versicherte, es werde noch an einer Abmachung zwischen Geldgebern und seinem Land gearbeitet.

Ziel müsse eine Vereinbarung sein, die eine Erholung Griechenlands unter Beibehaltung des sozialen Zusammenhalts und mit «tragfähigen öffentlichen Schulden» sicherstelle, sagte Tsipras.

«Das war ein wichtiges, interessantes und freundliches Treffen», sagte Juncker nach der zweistündigen Begegnung in Brüssel. Juncker hatte zuletzt deutlich sein Missfallen über das Verhalten der griechischen Regierung und die schleppenden Verhandlungen im Schuldenstreit geäussert.

Laut Diplomaten erläuterte Juncker ein Verfahren, das eine rechtzeitige Einigung mit den Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) ermöglichen würde. Die beiden Spitzenpolitiker wollten in den kommenden Tagen in engem Kontakt bleiben, hiess es.

Ohne eine rasche Einigung auf ein Reformpaket können dringend benötigte Milliardenhilfen für das akut pleitebedrohte Griechenland nicht fliessen. Ende des Monats läuft das Hilfsprogramm aus.

Merkel zeigt sich zufrieden

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äusserte sich am Donnerstag zufrieden über das Treffen zwischen ihr, Tsipras und Frankreichs Präsident François Hollande am Mittwochabend am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels in Brüssel.

Einem hochrangigen EU-Vertreter zufolge gibt es «gute Aussichten», dass kommende Woche eine Einigung zustande kommt, die für die Euro-Finanzminister akzeptabel sein dürfte.

Am kommenden Donnerstag trifft sich die Euro-Gruppe regulär in Luxemburg. Auch ihr Chef, Jeroen Dijsselbloem, hält einen Kompromiss bis dahin für möglich.

In ungewöhnlich scharfen Tönen kritisierte allerdings IWF-Sprecher Gerry Rice den Mangel an Kompromissbereitschaft des kurz vor der Staatspleite stehenden Landes. Das IWF-Team habe die Verhandlungen in Brüssel verlassen und sei nach Washington zurückgekehrt. Es habe zuletzt keinerlei Fortschritte gegeben, um Differenzen beizulegen. «Der Ball liegt nun sehr deutlich im griechischen Feld», sagte Rice.Verlängerung der Galgenfrist

Um das hochverschuldete Griechenland vor der Staatspleite zu retten, wird nach Angaben von EU-Diplomaten über eine dreimonatige Verlängerung des Hilfsprogramms diskutiert.

Die drei Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds sollen mit Athen konkrete Reformen aushandeln. Das ist als Gegenleistung für weitere Hilfen vorgesehen und soll die rezessionsgeplagte griechische Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen.

Ein weiteres Treffen der Experten dazu war ebenfalls für Donnerstag geplant. Eine Einigung in dem Format ist Voraussetzung für die Freigabe von 7,2 Milliarden Euro aus dem bis Ende Juni laufenden Programm für Griechenland. Athen könnte zudem Zugriff auf etwa 10,9 Milliarden Euro Reserven erhalten, die im laufenden Hilfsprogramm zurückgestellt wurden, um Banken zu rekapitalisieren.

Eine Annäherung gab es zuletzt bei der Frage des Primärüberschusses, also des Staatshaushalts ohne Zinszahlungen. In anderen Bereichen, etwa Arbeitsmarkt- und Rentenreformen, hatte es dagegen gehakt.

Gerichtsurteil: Rentenkürzungen rechtswidrig

Ein Gerichtsurteil könnte die schleppenden Gespräche unterdessen weiter verkomplizieren: Das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands entschied, dass die ab 2012 vorgenommenen Rentenkürzungen im Privatsektor rechtswidrig seien, weil sie den Rentnern das Recht auf ein angemessenes Leben nähmen.

Die linksgerichtete Regierung Griechenlands sperrt sich seit langem gegen die Forderungen der internationalen Geldgeber, weitere Einschnitte im Rentensystem vorzunehmen.

Aus Protest gegen weitere Sparpläne der Regierung besetzten rund 200 Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Donnerstag das Finanzministerium in Athen. Sie befestigten ein Transparent an der Fassade mit der Aufschrift: «Wir haben genug geblutet! Wir haben genug gezahlt!»

Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hat die Kreditwürdigkeit Griechenlands am Mittwochabend auf «CCC» gesenkt. Diese Bonitätsnote ist eine der schlechtesten auf der S&P-Skala und warnt Investoren, dass nur bei einer sehr günstigen Entwicklung nicht mit Zahlungsausfällen zu rechnen ist.

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