Obwohl die Schweizer an der WM in Moskau erst ein Spiel in 60 Minuten gewonnen haben, können sie die Viertelfinals noch aus eigener Kraft erreichen. Gegen Tschechien benötigen sie aber drei Punkte.
Über Pfingsten verloren die Schweizer zweimal: zuerst 1:5 am Samstag gegen Russland, dann 28 Stunden später 2:3 nach Penaltyschiessen gegen Schweden. Gegen die Schweden führten die Schweizer 1:0 und 2:1. «Wieder spielten wir gut, bei fünf gegen fünf Feldspielern sogar sehr gut», resümierte Nationalcoach Patrick Fischer. «Aber wiederum verpassten wir es, während unserer stärksten Phase den Vorsprung auszubauen.»
Der direkte Rivale machte der Schweiz keinen Gefallen: Dänemark gewann zuerst gegen Tschechien mit 2:1 nach Penaltyschiessen und dann in der regulären Spielzeit gegen Kasachstan. Die Dänen, die ihr Pensum beendet haben, schliessen die Vorrunde mit elf Punkten ab. Die Schweizer holten bislang acht Zähler. Das Team des Trainer-Triumvirats Patrick Fischer, Felix Hollenstein und Reto von Arx benötigt am Dienstagmittag gegen Tschechien einen Sieg und drei Punkte, um doch noch weiterzukommen. Bei Punktgleichheit mit Dänemark würde die mit 3:2 nach Verlängerung gewonnene Direktbegegnung zu Gunsten der Schweiz entscheiden. Im Direktduell hatten die Dänen gegen die Schweiz bis zur 50. Minute 2:0 geführt, ehe Nino Niederreiter mit dem Ausgleich 122 Sekunden vor Schluss und Eric Blum mit dem Siegtor 52 Sekunden vor Ende der Verlängerung die Partie noch aus dem Feuer rissen.
«Schon unmittelbar nach dem Sieg der Dänen über die Tschechen war uns bewusst, dass wir noch vier Punkte benötigten», so Fischer. «Während der Vorbereitung auf die Partie gegen Schweden war diese Nachricht des dänischen Sieges natürlich alles andere als eine Motivationsspritze. Aber auch diesen Tiefschlag steckte die Mannschaft weg. Wir hätten gegen Schweden den Sieg verdient gehabt. Wir stellten einmal mehr unter Beweis, dass wir eine verschworene Einheit sind. Ich gehe davon aus, dass wir am Dienstag gegen Tschechien endlich belohnt werden.»
Und weil gegen Schweden statt drei oder zwei Punkte eben nur ein Zähler gewonnen wurde, müssen jetzt gegen die Tschechen gleich drei her. Die Voraussetzungen präsentieren sich trotz allem gut. Die Tschechen sind von den grossen Sechs der Hockey-Welt (Kanada, Russland, Schweden, Finnland, Tschechien, USA) der Lieblingsgegner der Schweizer. In den letzten zehn Jahren setzte es gegen die Osteuropäer an Titelkämpfen nur eine Niederlage in der regulären Spielzeit ab, ein 0:5 vor acht Jahren in Québec (Kanada). Ausserdem verloren die Schweizer vor einem Jahr an der WM in Prag mit 1:2 nach Penaltyschiessen. Daneben feierten die Schweizer aber fünf Siege: 3:2 (Olympische Spiele 2006 in Turin), 3:2 (WM 2010 in Deutschland), 5:2 und 2:1 (WM 2013 in Stockholm) und 1:0 (Olympische Winterspiele 2014 in Sotschi).
Aber die Schweizer müssen sich steigern, wenn sie die Serie positiver Ergebnisse fortsetzen wollen – und zwar nicht primär im Bereich Effizienz. In Moskau benötigten die Schweizer etwas mehr als 14 Schüsse für einen Torerfolg (7,05 Prozent). Mit dieser Erfolgsquote bewegt sich das Nationalteam unter Fischer in den gleichen Sphären wie unter Ralph Krueger, Sean Simpson und zuletzt Glen Hanlon. Nur zweimal an den letzten sieben WM-Turnieren schnitten die Schweizer in Sachen Effizienz markant besser ab (2013 und 2014 unter Simpson), viermal hingegen schlechter.
Steigern müssen sich die Schweizer aber primär im Bereich Disziplin. Russland und Schweden boten sich über Pfingsten gegen die «Eisgenossen» jeweils acht Überzahlchancen. Pavel Dazjuk, die 35-jährige russische «Legende» von den Detroit Red Wings, bezeichnete die Schweizer Spielweise sogar als «nahe am schmutzig». Gegen Schweden kosteten die vielen Strafminuten dem Team von Fischer den Sieg. Zweimal glichen die Schweden im Powerplay aus. Zweimal beendeten die Schweizer mit Strafen eigene Überzahlgelegenheiten. «Wir dürfen uns nicht mehr so viele Stockfouls leisten», so Patrick Fischer.
Weiter steigern muss sich auch Goalie Reto Berra, der gegen Tschechien zum sechsten Mal im siebenten Spiel vor dem Schweizer Tor stehen dürfte. Trotz einer bärenstarken Leistung gegen Schweden (34 Paraden) verbesserte Berra seine Fangquote erst auf 88,36 Prozent. Damit belegt er unter den WM-Goalies bloss den 18. Platz. An den Weltmeisterschaften in Prag (2015) und Moskau hütete Berra zehn Mal das Schweizer Tor, nur einmal führte er sein Team zu einem Sieg in 60 Minuten. Gleich viermal, je zweimal in Prag und Moskau, gingen mit Berra Penaltyschiessen verloren. An der aktuellen WM parierte Berra bloss drei von acht Penaltys (37,5 Prozent). Im Eishockey wird von den Goalies erwartet, dass sie über 70 Prozent der Penaltys abwehren.
Gute Nachrichten gab es am Pfingstmontag von den Verteidigern: Raphael Diaz, der stärkste Schweizer Back an diesem Turnier (Plus-6-Bilanz), dürfte gegen Tschechien wieder mittun können, nachdem er gegen Russland und Schweden zweimal von der Tribüne aus zugeschaut hat. Diaz absolvierte am Montag das Training, beklagte hinterher kaum Schmerzen und dürfte gemäss dem Nationalcoach «auf die Zähne beissen».