Der 11. August ist schon lange in den Köpfen von Mario Gyr, Simon Niepmann, Simon Schürch und Lucas Tramèr. Heute wollen sie sich mit dem Rennen ihres Lebens den Traum von Olympia-Gold erfüllen.
In wohl jeder Prognose für die Sommerspiele war die Medaille des Schweizer Leichtgewichts-Vierers gesetzt, die Erwartungen sind immens. «Der Druck kommt vor allem von uns und vom Trainer», sagte Tramèr. «Wir können uns nur selber enttäuschen, wenn wir nicht das abliefern, zu was wir fähig sind.»
Gerade auch der Druck von Cheftrainer Ian Wright ist enorm. Der Neuseeländer ist für nichts anderes als die Olympia-Goldmedaille in die Schweiz gekommen. Jedes Detail wird beachtet. Die Journalisten sind mehr ein Übel, am liebsten würde Wright seine Schützling komplett abschotten. Sie sollen durch nichts abgelenkt werden.
Nach den Rennen dauerte es jeweils etwa eine Stunde, bis einer der Athleten für ein Gespräch zur Verfügung stand. Mehr als einer wurde nicht geschickt, das liess Wright nicht zu. Nach dem Halbfinal des Leichtgewichts-Vierers war die Wartezeit gar noch länger, da das Quartett mit Gegenwind zu kämpfen hatte und die Anstrengung entsprechend grösser war. Nach einem Recovery-Shake wurde zunächst eine halbe Stunde ausgerudert, worauf es auf den Ergometer ging. In Bewegung zu bleiben ist sehr wichtig, damit das Laktat komplett abgebaut wird. Auch ein Eisbad stand auf dem Programm.
Den Vorwurf, nicht alles für die Goldmedaille gemacht zu haben, müssen sich die Schweizer, egal wie der Final ausgeht, nicht gefallen lassen. Auch Kosten wurden nicht gescheut. So mietete der Verband als Rückzugsort ein Haus in unmittelbarer Nähe des olympischen Ruderbeckens. Der Leichtgewichts-Vierer verbrachte auch die Nächte dort, schliesslich würde mit dem mühsamen Transport nur unnötig Energie verpufft werden. Vor ihren Einsätzen genossen auch die anderen aus dem Team dieses Privileg.
Eine Unsicherheit gibt es allerdings, nämlich das Wetter. Die ständig wechselnden Bedingungen sind eine grosse Herausforderung. Am Sonntag und Mittwoch mussten gar sämtliche Ruder-Wettkämpfe abgesagt werden. «Mit hohen Wellen kann man sich physisch nicht 100-prozentig austoben», erklärte Tramèr. «Schlussendlich hofft man, dass es für alle fair ist, der Wind nicht von der Seite kommt.»
Gerade auch wegen den schwierigen Bedingungen war es allerdings wichtig, dass die Schweizer nach dem enttäuschenden 3. Rang im Vorlauf eine Reaktion gezeigt und den Halbfinal souverän gewonnen haben. Denn es kann durchaus sein, dass das Fairness-Komitee bei unfairen Verhältnissen kurzfristig entscheidet, die Favoritenbahnen umzubesetzen.
Der Leichtgewichts-Vierer ist bezüglich Wind gebrandmarkt. Vor vier Jahren in London waren die Voraussetzungen nicht für alle Boote gleich. Die Schweizer kamen mit den Bedingungen nicht zurecht und wurden Fünfte. «Wir haben vier Jahre hart trainiert, um nicht mehr von Wind und Wellen zu sprechen», sagte Verbandsdirektor Christian Stofer. Für den Final erwartet er ein enges Rennen, weshalb es gelte, die «beste Leistung des Lebens» abzurufen. Dann dürfte dem Erfüllen des Bubentraums nichts im Weg stehen.