Frankreichs bedrängter Staatschef François Hollande hat jede Mitwisserschaft in der neuen Affäre um seinen früheren Wahlkampf-Schatzmeister bestritten. Er wisse «nichts» von den Privatgeschäften von Jean-Jacques Augier, sagte der Élysée-Chef am Donnerstagabend.
Hollande wies darauf hin, dass die Finanzierung des Wahlkampfs vom Verfassungsrat im vergangenen Jahr als regulär eingeschätzt worden sei. Um private Aktivitäten Augiers müsse sich die Steuerverwaltung kümmern. Bei der Moralisierung des politischen Lebens werde er «bis zum Ende gehen», sicherte der Präsident im marokkanischen Rabat zu.
Im Rahmen der weltweiten Enthüllungen über Steuerparadiese war zuvor bekannt geworden, dass Augier Teilhaber von zwei Firmen auf den als Steuerparadies geltenden Kaiman-Inseln ist. Hollande hatte solchen Paradiesen für Steuerflüchtlinge im Wahlkampf den Kampf angesagt.
In einer ersten Stellungnahme verteidigte Augier die Investition auf den Kaiman-Inseln als vollkommen legal. Sie sei über eine Gesellschaft getätigt worden, die seine China-Geschäfte verwalte. Er habe dort weder ein eigenes Konto, noch persönlich Geld angelegt, sagte der im Buchhandel- und Verlagsgeschäft tätige Unternehmer.
Dennoch löste die Enthüllung in Frankreich neuen Wirbel aus. In Hollandes Wahlkampfteam war Augier für die Finanzen zuständig. Er gilt bis heute als Vertrauter des Sozialisten.
Präsidialamt bereits im Dezember informiert
Hollande steht bereits unter erheblichem Druck, weil er seinen Budgetminister Jérôme Cahuzac trotz Hinweisen auf ein Schwarzgeld-Konto monatelang im Amt hielt. Cahuzac hatte die Existenz des Kontos erst am Dienstag eingeräumt. Gegen ihn läuft nun ein formelles Ermittlungsverfahren wegen «Geldwäsche im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung».
Die Opposition hält es für möglich, dass Regierungsvertreter bereits seit längerem Bescheid wussten. Das Magazin «Le Point» berichtete am Donnerstag wie zuvor schon andere Medien, der Elysée-Palast sei bereits Ende Dezember informiert worden.
Zudem erklärte Michel Gonelle, dessen Aufnahme einer Unterhaltung Cahuzacs über sein Konto in der Schweiz die Affäre ins Rollen brachte, er selbst habe das Präsidialamt am 15. Dezember unterrichtet, dass die Aufnahme authentisch sei.
«Regierung komplett austauschen»
Die konservative Opposition forderte am Donnerstag eine umfassende Kabinettsumbildung, um das Vertrauen in die Regierung wieder herzustellen. Hollande müsse «seine Regierung komplett austauschen, den Regierungschef und die Minister», sagte der Chef der konservativen Partei UMP, Jean-François Copé. Die Regierung befinde sich «nur elf Monate nach der Wahl in der totalen Sackgasse».
Angriffe kamen erneut auch gegen Finanzminister Pierre Moscovici, dem vorgeworfen wird, er habe seinen Haushaltsminister decken wollen. «Wir werden Moscovici nicht loslassen», sagte der UMP-Abgeordnete Claude Goasguen.
Neues Umfragetief
Der Präsident und seine Sozialisten stehen schon seit Monaten wegen steigender Arbeitslosenzahlen, Firmenpleiten, Null-Wachstums und hohen Defizits in der Kritik. Die Umfragewerte für den Präsidenten erreichten am Donnerstag einen neuen Tiefstand.
Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Sofres für den konservativen «Figaro» ging der Vertrauenswert für den Staatschef auf 27 Prozent zurück und damit auf den niedrigsten Stand, den ein Staatschef so kurz nach seinem Amtsantritt seit mehr als 30 Jahren hinnehmen musste. Die Umfrage wurde vor dem Schwarzgeld-Geständnis von Cahuzac durchgeführt.