Kunststoffe, Dünger und Medikamente basieren auf Chemikalien, die bisher aus Erdöl gewonnen wurden. Im Zuge des Nationalen Forschungsprogramms «Ressource Holz» haben zwei Forscherteams neue Verfahren entwickelt, um wichtige Stoffe stattdessen aus Holz zu gewinnen.
Forschende um Sviatlana Siankevich an der ETH Lausanne (EPFL) haben neue und effiziente Katalyseverfahren entwickelt, mit denen sich aus Zellulose Hydroxymethylfurfural (HMF) gewinnen lässt. HMF ist ein wichtiger Grundstoff für die Herstellung von Kunststoffen, Düngemitteln und Biotreibstoffen, wie der Schweizerische Nationalfonds SNF am Mittwoch mitteilte.
«Aus Zellulose wird heute vor allem Papier hergestellt. Die Rückstände daraus könnten zur Herstellung gefragter Chemikalien sinnvoll eingesetzt werde», liess sich Siankevich in der Mitteilung zitieren. Gemeinsam mit Kollegen aus Kanada und Singapur haben die EPFL-Forschenden ionische Flüssigkeiten synthetisiert, um aus Zellulose HMF herzustellen.
Mit ihrem Verfahren erreichten die Forscher in einem Schritt eine Rekord-Ausbeute von 62 Prozent, wie der SNF schrieb. Das Verfahren brauche weder hohe Temperaturen und hohen Druck noch starke Säuren, so Siankevich. «Wir konnten auch die Menge der unerwünschten Nebenprodukte reduzieren. Für den industriellen Einsatz des Verfahrens ist das ein wichtiger Aspekt.»
Von Pilzen inspiriert
In einem weiteren Projekt hat ein Team um Philippe Corvini von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Enzyme identifiziert, die Lignin, das 15 bis 40 Prozent von Holz ausmacht, in aromatische Verbindungen aufspalten. Inspiriert wurden die FHNW-Forschenden dabei von Pilzen, die einen Enzym-Cocktail absondern, um verrottendes Holz abzubauen.
Diese Aromaten sind wichtige Ausgangsstoffe, um Lösemittel, Pestizide, Medikamente und Kunststoffe wie Polystyrol herzustellen. «Gegenwärtig ist Lignin die aussichtsreichste Alternative zum Erdöl», sagte Corvini gemäss der SNF-Mitteilung.
Die FHNW-Forschenden untersuchten Dutzende von Enzymen aus Holz-«verdauenden» Pilzen, um die effizientesten zu ermitteln. Durch einen zusätzlichen Katalyseschritt konnten sie so 40 Prozent des Lignins in sehr kleine Moleküle wie zum Beispiel Vanillin aufbrechen.
Wiederverwertete Enzyme
Die Forschenden haben sogar die Möglichkeit geschaffen, die Enzyme zu recyclen. «Wir haben die Enzyme an mit Siliziumdioxid beschichtete Eisen-Nanopartikel gebunden», sagte Corvini. «Nach der Reaktion entfernen wir die Eisenpartikel einfach mithilfe eines Magneten, um die Enzyme zurückzugewinnen.»
So liessen sich die Enzyme bis zu zehn Mal verwenden, was den für ihre Herstellung nötigen Energie- und Ressourceneinsatz senkt. «Damit passt das Verfahren sehr gut zum Konzept einer ‚grünen Chemie’», sagte der FHNW-Forscher.
Das Nationalen Forschungsprogramm «Ressource Holz» hat das Ziel, den Weg für eine bessere Verfügbarkeit und breitere Nutzung des erneuerbaren Rohstoffs Holz zu ebnen.