Nach dem Tod eines Schweizer IKRK-Delegierten in Libyen hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) seine Aktivitäten vorerst eingestellt.
Nachdem am Mittwoch in Sirte ein Schweizer IKRK-Delegierter erschossen worden war, habe man die Aktivitäten vorläufig unterbrochen, erklärte am Donnerstag IKRK-Sprecher David-Pierre Marquet in Genf. Dennoch habe man nicht vor, die Arbeit komplett auf Eis zu legen. «Wir haben nicht vor, das Land zu verlassen, in dem wir gebraucht werden.»
Das IKRK beschäftigt in Libyen 30 internationale Mitarbeiter sowie 150 einheimische Angestellte. Sprecher Marquet betonte, die Region Misrata-Sirte, in der der 42-jährige IKRK-Delegierte Michael Greub getötet worden war, sei eine der ruhigsten des Landes.
Der Leiter einer Unterdelegation war in seinem Auto aus nächster Nähe erschossen worden. Die zwei anderen Insassen wurden verletzt. Der IKRK-Sprecher erklärte, das Auto der Helfer sei nicht als IKRK-Fahrzeug gekennzeichnet gewesen.
«Dies entspricht unseren Sicherheitsvorschriften für die Tätigkeit in Libyen. Es hatte dort zuvor schon Feindseligkeiten gegen Rot-Kreuz-Helfer gegeben, danach wurde angeordnet, dass unsere Autos nicht als solche erkennbar sein sollen», erläuterte der Sprecher.
Keine Warnzeichen
«Es gab keinerlei Vorzeichen für dieses Attentat», fügte Marquet an. «Wir wissen nicht, ob das IKRK gezielt angegriffen werden sollte». Sie hätten keine Drohung in diese Richtung erhalten, vor allem nicht aus dieser Region Libyens.
Der Sprecher erklärte weiter, das Auto sei mit 50 bis 60 km/h unterwegs gewesen, und die drei Insassen seien nicht zwingend erkennbar gewesen. «Es macht nicht den Anschein einer geplanten Aktion.»
Das IKRK hat keine Hinweise auf die Täter, macht aber eine «unbekannte, bewaffnete Gruppe» verantwortlich für die Tat. «Wir erwägen alle Hypothesen. Wir haben einen Krisenstab einberufen und es laufen Ermittlungen in Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden», sagte der IKRK-Sprecher weiter.
«Abscheuliche Tat»
Der Präsident des IKRK, der Schweizer Peter Maurer, drückte am Donnerstagmittag über seinen Twitter-Account sein grosses Bedauern über den Todesfall aus und kondolierte den Angehörigen und Freunden des getöteten Mitarbeiters. «Keine Worte sind stark genug, um diese abscheuliche Tat zu verurteilen.»
Der getötete Delegierte arbeitete seit sieben Jahren für das IKRK und war bisher im Irak, im Sudan, in Jemen und in Gaza im Einsatz gestanden. In der libyschen Küstenregion Misrata war er seit März stationiert. Das IKRK ist seit 2011 dauerhaft in Libyen präsent.