Im Fadenkreuz des FBI

Die Medien sind Robert Redfords Kampfzone der Freiheit. Erinnert das nicht an was? Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Journalisten, die Wahrheit an den Tag zu bringen, auch wenn sie unbequem ist. Robert Redford hat eine gute Nase bewiesen. Als er die Rechte an dem 2003 erschienen Roman «The Company You Keep» von Neil […]

Auf der Suche nach der Wahrheit: Shia LaBeouf als Journalist Ben Shepard.

Die Medien sind Robert Redfords Kampfzone der Freiheit. Erinnert das nicht an was?

Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Journalisten, die Wahrheit an den Tag zu bringen, auch wenn sie unbequem ist. Robert Redford hat eine gute Nase bewiesen. Als er die Rechte an dem 2003 erschienen Roman «The Company You Keep» von Neil Gordon erwarb, konnte er nicht ahnen, welche Aktualität der Recherche-Krimi über die Vietnam-Gegner 2013 haben würde. Es geht schlicht darum, warum Geheimhaltung der Wahrheit der Gesellschaft mehr schaden muss als Wahrheit.

Es geht aber um mehr als Wahrheit. Es geht darum, in wessen Händen Informationen für die Menschheit als Fortschritt wirksam werden. Neil Gordon gab mit seinen akribischen Recherchen dem Produzenten Redford eine prächtige Gelegenheit, über Recherche-Journalismus ein fesselndes Statement fortzusetzen, das Redford bereits vor 30 Jahren als Schauspieler in der Rolle von Bob Woodward, einem jungen Recherche-Journalisten (in «All the Presidents Men») begann: Er deckte mit Dustin Hoffman in der Rolle des Carl Bernstein die Watergate-Machenschaften der Administration Nixon auf.

Alle drei wollen die Wahrheit

Heute gibt in «The Company You Keep» Shia LaBeouf den jungen Heisssporn: Er spürt als Journalist den untergetauchten und seit Jahrzehnten vom FBI gesuchten Anti-Vietnam-Aktivisten auf, den Robert Redford gleich selber spielt. Ben trägt kaltblütig Fakten über ihn an die Öffentlichkeit und zwingt ihn zur Flucht, recherchiert weiter, mit bauernschlauem Geschick und untrügerischem Sinn für die Story. Er tut dies rascher, als es das FBI erlaubt. Bald sind drei Spürnasen der Vergangenheit auf der Spur: Der verdächtigte Anwalt Jim Grant, das FBI, und der investigative Jungjournalist.

Dabei wollen alle drei ihre Wahrheit an den Tag bringen: Das FBI will die Terrorismus-Version festigen. Die Kriegsgegner sollen als Terroristen verurteilt werden. Grant will die wahre Wahrheit über seine Unschuld an den Tag bringen. Ben will mit der Ware Wahrheit schlicht Karriere machen.

Vergangenheitsbewältigung als journalistische Gretchenfrage

Doch dann tauchen familiäre Komplikationen auf. Der Motor von Grants Wahrheitssuche ist nicht zuletzt die Existenz einer Tochter, und – wie sich herausstellt – ihrer Halbschwester. Aus dem Revoluzzer der jungen Jahre ist längst ein gereifter Stratege Grant geworden: Interessant ist hierbei nicht der Wandel des militanten Kriegsgegners, sondern seine Begegnung mit dem militanten jungen Journalisten: Eine Jugend, die das Vorrecht, gegen die herrschenden Verhältnisse zu revoltieren, nicht ausübt, ist für den Altlinken schlicht verschenkt. Lange sieht es tatsächlich aus, als wolle der Journalist die Wahrheit nur in den Dienst des FBI und seiner Karriere stellen, bis er sich entschliesst, Grants privates Leben unveröffentlicht zu lassen  – und sich damit auf Grants Seite stellt.

«Wes Brot ich ess, dess Lied ich sing»

Zunehmend wird Redfords Thriller im Verlaufe der rasanten Handlung zu einem brisanten politischen Statement. Während Grant den militanten Kampf gegen den Krieg handfest führte, trifft er heute auf einen subtileren Subversiven: Als der Chefredaktor Ben auffordert, die Finger von dem Fall zu lassen, weil «auch ich einen Boss habe», wird Ben vor die Entscheidung gestellt, ob er sich dem Einfluss der rechten Besitzer beugt. Plötzlich soll das Non Olet von freier Pressearbeit gelten: «Wes Brot ich ess, dess Lied ich sing.»

Ben aber verweigert sich. Er hängt sein Fähnchen nicht in den Wind der Zeitungsbesitzer. Er hält sich an die unbequeme Wahrheit. Die Strafverfolgungsbehörde hat jahrzehntelang einen Unschuldigen zum Terroristen gestempelt.

Robert Redford hat eine exzellente Schauspieler-Crew eingeladen und beweist, dass er als Spiritus Rector des Sundance Institute und des gleichnamigen Festivals nicht nur ein beliebter Gastgeber ist, sondern auch ein unentwegt Forschender. Wie beliebt der Altmeister ist, beweist der imponierende Freundeskreis von Oscarnominierten, die er in seinem Film versammelt hat. Old School die meisten. Bestechend alle, besonders Susan Sarandon und Nick Nolte. Vom Feinsten.   

Der Film läuft in den Pathé-Kinos.

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