Es gibt viele Gründe, dass eine Beziehung in die Jahre kommt. Weil die Kinder aus dem Haus sind. Was aber, wenn das Haus verkauft werden muss, das selbst so etwas wie das Kind eines kinderlosen Paares geworden ist? Johanna Hogg seziert feinfühlig die Architektur einer Liebe.
Als wollten sie nicht bloss das Haus verkaufen. Als müssten sie auch ihre eigene Seele retten. So kommt es «D» and «H» vor, als sie ihr Haus den ersten Kaufinteressenten anbieten. Gemeinsam streifen sie durch die Geschichte ihres Hauses und die Stationen ihrer Beziehung. Plötzlich werden die letzten zwanzig Jahre ihrer Beziehung zu einem Teil dessen, das sie bald weggeben müssen. Als würde das letzte Kind das Haus verlassen. Bewahren können sie sich jetzt nur, was sie von den zwanzig Jahren in ihrer Beziehung wiederfinden.
Was macht die Seele eines Hauses aus?
Kein Zweifel: Die Regisseurin Johanna Hogg ist in Architektur verliebt. In jedem ihrer Bilder rückt sie erst das Haus, dann die Körper seiner Bewohner ins Bild. Während ihre Protagonisten die Lebenswege ihre Beziehung abschreiten, ist es, als wolle die Regisseurin mit jedem ihrer Bilder immer wieder das Haus küssen, das die beiden bewohnen – auch wenn Viv Albertine und Liam Gillick als Nicht-Schauspieler darin manchmal gar wenig Tiefe wecken können.
Keine Frage, wer für Johanna Hogg die Hauptperson ist. Es ist das Haus. In ihm lassen sich die Begegnungen des Paares mit Körpern darstellen. Mit flachen Gesprächen. Mit impressionistischen Lichtsetzungen. Am stärksten ist das Haus als Partner dann, wenn Viv allein ist. Wenn das Haus ganz neue, erschreckende Geräusche von sich gibt. Dann ist es, als wäre das Haus tatsächlich lebendig.
Auch wenn der Film kein grosses Risiko vermittelt: Hogg ist eine begnatete Improvisatorin. Ohne feste Dialoge hat sie sich auf die Reise gemacht. Mit nichts im Drehbuch, als einer wortgenauen Erzählung, schickt sie ihre beiden Figuren jeden Tag auf eine neue Reise. Es gelingt ihr deshalb auch, eine grosse Unmittelbarkeit einzufangen, die uns lange gefangen hält.
Die Architektur einer Liebe mit Fadenrissen
Doch die Geschichte selbst mag sich nicht recht entscheiden, was sie über die Menschen erzählen will. Zu ihnen hat Johanna Hogg auch nicht viel zu sagen, es sei denn, es dient ihrem Kunstdiskurs. Den nämlich betreibt sie wohlständig ständig: Am empfindsamten ist sie für die Suche nach der sexuellen Identität, in der die beiden sich unversehen wiederfinden. Ansonsten bleibt die Erzählung: Ein bisschen künstlerisch. Ein bisschen intellektuell. Ein bisschen wohlhabend. Heftig verliebt in die Architektur eines aussergewöhnlichen Londoner Hauses. Und etwas verloren in den Selbstbespiegelungs-Kunst-Performances der weiblichen Hauptfigur.
Unter dem Strich bleibt immerhin die subtile Suche eines Paares nach dem dritten Frühling, so etwa, wie wenn das letzte Kind das Haus verlässt. Nur ist in diesem Fall das Kind das Haus. Ein Wunder, sind die beiden nicht mehr aus dem Häuschen.
«Exhibision» ist ein Film der niemandem wehtut. Aber es ist auch ein Film, der wenigstens jenen gut tun wird, die sich lieber nie weh tun lassen wollen, auch nicht durch Kunstdiskussionen. Das macht auch das letzte Bild deutlich: Das Paar steht jetzt vor dem Haus. Drin ist das neue Paar zu sehen. Drei Kinder spielen im ehemaligen Living-Room. Jetzt fängt das Leben an.