Im Reich der tiefen Töne

Am Freitag, 20. September, tritt mit Adrian Sherwood ein Held der Dub-Musik in der Basler Kaserne auf. Zur Einstimmung auf den Londoner Produzenten präsentieren wir sieben Dub-Klassiker britischer Herkunft. Dub ist auf Jamaika erfunden worden: Eine der vielen Entstehungslegenden besagt, dass Toningenieur King Tubby Anfang der 70er-Jahre die Vokalspuren beim Schneiden eines Songs aus Versehen […]

Am Freitag, 20. September, tritt mit Adrian Sherwood ein Held der Dub-Musik in der Basler Kaserne auf. Zur Einstimmung auf den Londoner Produzenten präsentieren wir sieben Dub-Klassiker britischer Herkunft.

Dub ist auf Jamaika erfunden worden: Eine der vielen Entstehungslegenden besagt, dass Toningenieur King Tubby Anfang der 70er-Jahre die Vokalspuren beim Schneiden eines Songs aus Versehen wegliess. Der Effekt gefiel ihm so gut, dass er weiter damit herumexperimentierte. Es wurde Standard, mit den Riddims, den Grundstrukturen der Reggae-Songs weiterzuarbeiten, sie mit Echo, Hall und weiteren Effekten zu belegen, live zu improvisieren. Doch dann trat Dub einen weltweiten Siegeszug an. Ins Reich der tiefen Töne begaben sich auch britische Produzenten unterschiedlichster Hautfarbe und Stile, als sich die Ursprungsinsel dann schon dem Dancehall zuwandte. Mit Adrian Sherwood kommt einer der Heroen des UK-Dub in die Kaserne Basel.

Der Londoner Produzent (*1958) gründete bereits mit Anfang Zwanzig sein Label On-U Sound Records und arbeitete in den Achtzigern sowohl mit jamaikanischen Größen wie Prince Far I, Bim Sherman und Lee Perry als auch mit amerikanischen Musikern, unter ihnen die Mitglieder des New Yorker Kollektivs Tackhead. Durch seine stilübergreifenden Kollaborationen hat Sherwood Spuren vom Dub Reggae bis zum Industrial hinterlassen. Erst spät, 2002, veröffentlichte er mit „Never Trist A Hippie“ sein erstes Soloalbum.

1. Dub Syndicate: «Pounding System» (1982)



Eine der ersten UK-Dub-Formationen, Sherwood hat sie 1981 gegründet. Auf dem Debüt-Album der später noch experimenteller und technischer klingenden Band lässt sich förmlich spüren, wie der britische Dub sich noch finden musste. Das Syndicate hat hier einen Originaltrack von Bim Sherman in der Mache.    

2. Jah Wobble’s Invaders Of The Heart: «Relight The Flame» (1991)



Neben Sherwood einer der grossen Player unter den weissen Dub-Produzenten in Grossbritannien (Label 30 Hertz Records). Bürgerlich heißt der Mann (gleicher Jahrgang wie Sherwood) John Joseph Wardle. Als Bassist agierte er bis 1980 zunächst bei PiL, der Band der früheren «Sex Pistole» John Lydon, danach kollaborierte er mit der deutschen Formation Can. Die erste Hälfte der Neunziger stand für ihn dann im Zeichen des Dub, dem er mit seinen Invaders Of The Heart einen weltmusikalischen Anstrich gab. Leadsängerinnen der Formation waren unter anderem Sinéad O’Connor und Natacha Atlas.

3. Zion Train: «Get Ready» (1995)



Ursprünglich ein Soundsystem aus Oxford, reüssierten die nach einem Bob Marley-Song benannten Herren um Neil Perch schliesslich in London mit ihrem eigenen Label Universal Egg. Zion Train werden sowohl als Inspirationsgeber für Minimal Dub als auch Minimal Techno genannt. Im neuen Jahrtausend hat Perch nach internen Streitigkeiten die Band mit weitestgehend neuen Mitgliedern reformiert. «Get Ready» ist einer ihrer größten Erfolge aus der ersten Phase.

4. Linton Kwesi Johnson: «Making History» (1984)



Als eigener Zweig im Dub gilt die Kunst von Linton Kwesi Johnson, kurz LKJ. Ihn lediglich als Musiker zu bezeichnen, wird ihm nicht gerecht: Johnson ist darüber hinaus Dichter und Soziologe und er hat das Berufsbild des Dubpoeten begründet. In seinen Texten gibt er sich antirassistisch, antikapitalistisch und antireligiös, wendet sich sogar gegen die Rastafari-Bewegung. «Making History» gilt als das herausragende musikalische Statement des streitbaren Mannes, der gegenüber seiner Wahlheimat England nie ein Blatt vor den Mund nahm.

5. Mad Professor: «Teardrop» (2010)



Was seine Produktivität angeht, kann Neil Joseph Stephen Fraser aka Mad Professor als UK-Gegenstück zum amerikanischen Dubpapst Bill Laswell gelten. Seit Ende der 1970er zeichnet er für mehrere Alben pro Jahr verantwortlich. Für Lee Perry, Macka B, U-Roy und Sly & Robbie stand er am Pult, seine «Dub Me Crazy»- und «Black Liberation»-Serien gelten als Meilensteine im Dub weltweit. Eine besondere Affinität verbindet ihn mit der Band Massive Attack, deren Album «Protection» er komplett remixt hat – ein Beleg der vielzitierten Verflechtung des Dub mit der Bristoler Triphop-Szene. Hier erleben wir den Professor bei einer Live-Improvisation über einen Massive-Attack-Song.   

6. Black Star Liner: «Yemen Cutta Connection Dub» (2000)



Letztlich wurde der Dub auch von der British Asian-Szene aufgegriffen. Bands und Musiker wie Transglobal Underground, Asian Dub Foundation, Suns Of Arqa und andere Protagonisten des sogenannten Asian Undergrounds der 1990er basierten ihre indisch und asiatisch geprägten Tracks immer wieder auf Dubstrukturen. Auf dem Festland nicht so bekannt wurden Black Star Liner aus Leeds. Das Hamburger Dub-Label Echo Beach veröffentlichte mit dem «Twelve Inch Confrontation Mix» gleich eine ganze Scheibe von dubbig bearbeiteten Remixes ihrer grössten Erfolge.

7.  Adrian Sherwood: «Processed World» (2002)



Zum Schluss noch ein Highlight aus Sherwoods Solodebüt «Never Trust A Hippie». Seit diesem hat der Londoner erst zwei weitere Male das Solozepter geschwungen («Becoming A Cliché», 2006 und «Survival & Resistance», 2012). Bei ihm entfleuchen aus der Dub-Überrachungskiste stets Anleihen an Latin, Punk, Psychedelica – und so wird das wohl auch bei seinem Set in der Kaserne sein.

  • Adrian Sherwood live: Kaserne, Basel. Freitag, 20. September 2013, 23 Uhr.
  • Support: Echolot Dub System & King Fabby (Supa Arrow)

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