In der syrischen Opposition zeichnet sich eine Spaltung zwischen sunnitischen Extremisten und Gemässigten ab: Mehrere radikal islamische Rebellengruppen distanzierten sich von der vom Westen gestützten Syrischen Nationalen Koalition (SNC), die vom Ausland aus agiert.
13 islamistische Brigaden erklärten, die Nationale Syrische Allianz (SNC) mit Sitz in Istanbul könne mit dem Regime nicht mehr in ihrem Namen verhandeln.
In der Erklärung heisst es: «Alle Gruppen, die im Ausland gegründet werden und die keinen Bezug haben zu dem, was im Land selbst geschieht, vertreten uns nicht und werden von uns auch nicht anerkannt.»
Sie riefen zur Durchsetzung der Scharia auf. «Alle militärischen und zivilen Gruppen» sollten die Scharia zur «einzigen Quelle der Gesetzgebung» machen.
Unterschrieben wurde die Erklärung unter anderem von der radikalislamischen Al-Nusra-Front und der Tawhid-Brigade, die wichtigste Rebellengruppe in der nördlichen Provinz Aleppo.
Auch die Freie Syrische Armee (FSA), der militärische Arm der Nationalen Koalition, hat die Erklärung unterzeichnet. Damit stellt sich die Gruppe gegen ihre eigene politische Führung.
Rückschlag für Gemässigte
Die Entwicklung dürfte damit ein herber Rückschlag für die Bemühungen syrischer Exil-Politiker sein, vor Ort eine gemässigte Rebellenbewegung aufzubauen. Westliche Länder und die Golfstaaten haben die Nationale Koalition ermutigt, eine glaubwürdige Gruppierung anzuführen und den Aufstieg der Islamisten zu verhindern.
Ein SNC-Mitglied, das seinen Namen nicht veröffentlicht sehen wollte, sagte nun aber, Katar finanziere nicht nur den Rat von Aleppo, sondern auch zwei islamistische Brigaden – Sukur al-Scham und Ahrar al-Scham. Dadurch unterminiere das Golfemirat die Führungsrolle der Opposition und der FSA.
Auch westliche Experten sahen in der Abspaltung einen schweren Schlag für die vom Ausland anerkannte Opposition. Die 13 Rebellengruppen stellten «einen bedeutenden Teil der bewaffneten Opposition» dar, sagte Charles Lister von der Denkfabrik IHS Jane’s.
Der Syrien-Experte Aron Lund sprach von einer «Rebellion» gegen die bisherige Hauptopposition. Offenbar habe der Verzicht auf einen Militärschlag das Kalkül einiger Rebellengruppen verändert.
Washington zeigte sich besorgt: Die anerkannte syrische Opposition kämpfe nun an zwei Fronten, sagte ein Vertreter des US-Aussenministeriums: gegen die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad und gegen Extremistengruppen unter dessen Gegnern.
Rückkehr der UNO-Inspektoren
Die UNO-Chemiewaffenexperten kehrten am Mittwoch über Libanon nach Damaskus zurück. Die Expertengruppe unter der Führung des Schweden Ake Sellström soll den mutmasslichen Einsatz von Chemiewaffen in gut einem Dutzend Fällen untersuchen. Sellström erklärte, sein Team werde möglicherweise bis Ende Oktober einen Bericht zu all diesen Vorwürfen vorlegen.
Die Experten waren bereits Mitte August nach Syrien gereist. In ihrem Mitte September vorgelegten Bericht hiess es, es gebe «klare und überzeugende» Beweise für den Einsatz des Nervengases Sarin mit Boden-Boden-Raketen.
Die USA und andere westliche Staaten gehen deshalb davon aus, dass der Angriff vom 21. August in den Vororten von Damaskus von syrischen Regierungstruppen verübt wurde.
Washington zeigte sich daher zunächst zu einem Militärangriff gegen Damaskus bereit. Später einigten sich die USA und Russland aber auf einen Plan zur Vernichtung des syrischen Giftgasarsenals, dem Damaskus zustimmte. Ein Militärschlag war damit vorerst vom Tisch.