Der Journalistenverband Impressum hat das dem Westschweizer Radio- und Fernsehen vorsorglich auferlegte Verbot zur Ausstrahlung zweier Berichte über die Affäre Giroud als Zensur bezeichnet. Der Justiz-Entscheid bedeute eine schwere Verletzung der Informationsfreiheit.
Das Bezirksgericht Sitten hatte dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) am Montagabend als superprovisorische Massnahme die Ausstrahlung von zwei Reportagen über den Walliser Weinhändler untersagt. Impressum zeigte sich am Dienstag in einer Mitteilung empört über diesen Entscheid der Justizbehörden.
Der Fall sei umso gravierender, als es sich bereits um die zweite Zensurmassnahme gegenüber RTS innerhalb von drei Monaten handle. Impressum bezeichnete es zudem als schockierend, dass das Gericht diesmal sogar das Recht auf Anhörung verletzt habe. Der Richter habe RTS nicht einmal angehört, bevor es dem von Giroud Vins verlangten Ausstrahlungsverbot stattgegeben habe.
Bereits im Februar hatte die Walliser Justiz RTS angewiesen, einen Artikel auf der Internetseite zurückzuziehen. RTS hatte damals über angeblich unerlaubt gemischte Weine des Weinhändlers berichtet. RTS legte Berufung gegen den Entscheid ein. Das Verfahren ist zurzeit noch hängig.
RTS erklärte am Montagabend, es werde das Ausstrahlungsverbot respektieren. Gleichzeitig kündigte der Sender aber an, alle rechtlichen Mittel gegen den Entscheid auszuschöpfen.
Dominique Diserens, Zentralsekretärin von Impressum, zeigte sich am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda überzeugt, dass das Bezirksgericht im jüngsten Fall sowohl das öffentliche Interesse als auch das Recht auf Anhörung verletzt habe. «Dieser Entscheid ist eine Verletzung der Europäischen Konvention über die Menschenrechte, der in Strassburg zerhackt würde», sagte Diserens.
Richter wird Sendungen visionieren
Der Richter werde die beanstandeten Sendungen visionieren müssen, bevor er sein Urteil fällen werde, sagte der Sittener Anwalt Sébastien Fanti der Nachrichtenagentur sda. Er hat einen Teil des Urteils in seiner Eigenschaft als Redaktor von «Medialex», einer Zeitschrift für Medienrecht, einsehen können. Die Angelegenheit werde erneut analysiert, wenn RTS ein entsprechendes Ersuchen nach der Visionierung der Sendungen durch den Richter stelle.
Falls die superprovisorischen Massnahmen bestätigt würden, könne der Entscheid an die nächste Instanz weitergezogen werden. In diesem Fall werde ein Urteil des Kantonsgericht in einem Zeitraum von sechs bis neun Monaten zu erwarten sein. Für Fanti stellt diese Frist ein Problem dar, weil es für die Medien schwierig sein dürfte, in der Zwischenzeit über die Affäre Giroud zu berichten.