In der Nordwestschweiz konnten nicht mal mehr Frost-Kerzen das Obst retten

Sonne und Wärme bis Ostern und die Frostnächte danach haben die Schweizer Obsternte teilweise oder fast ganz zunichte gemacht. Denn wegen der Wärme blühten die Bäume rund zwei Wochen früher als in einem durchschnittlichen Jahr.

Schutzmantel aus Eis an einem Aprikosenbaum in Fully VS: Walliser Obstbauern haben mit der Beregnung ihrer Bäume einige Schäden an Kern- und Steinobstkulturen verhindern können. (Bild: sda)

Sonne und Wärme bis Ostern und die Frostnächte danach haben die Schweizer Obsternte teilweise oder fast ganz zunichte gemacht. Denn wegen der Wärme blühten die Bäume rund zwei Wochen früher als in einem durchschnittlichen Jahr.

Dieses Jahr hat alles andere als gut angefangen für die Obstbauern. Schuld ist das Wetter, erst herrliche Wärme, dann der tödliche Frost. Die Frostschäden kann der Schweizer Obstverband noch nicht beziffern, weil er vor allem aus dem wichtigen Obstbaugebieten noch keine Rückmeldungen erhalten hat. Doch: «Es ist schlimm», sagt Verbandsdirektor Georg Bregy in einer ersten Bilanz. Die Schäden beliefen sich voraussichtlich auf etliche Dutzend Millionen Franken.

Manche Obstproduzenten hätten berichtet, dass der Frost so schlimm gewesen sei wie seit 40 Jahren nicht mehr, sagte Bregy am Montag der Nachrichtenagentur sda. In einigen Betrieben sei fast die ganze Ernte vernichtet worden. «Ein solcher Ernte- und Ertragsausfall bedroht die Existenz dieser Betriebe.»

Nicht versicherbar

Schäden durch Frost seien nicht versicherbar. Normalerweise könnten die Bauern Massnahmen gegen Frost ergreifen, sagt Bregy. Die Nächte in der vergangenen Woche seien aber flächendeckend derart kalt gewesen, dass der übliche Schutz – etwa Frostkerzen – nichts mehr geholfen habe.

Einige Bauern konnten sich aber besser gegen den Frost wappnen. Vor allem in der Rhone-Ebene im Wallis konnten sie mit so genannter Überkronen-Beregnung einige Schäden am Kern- und Steinobst verhindern. Die Bäume werden mit Wasser besprengt, das im Frost gefriert und Blüten, Knospen und Jungfrüchte schützt. «Dafür muss man aber eingerichtet sein, und es muss genügend Wasser verfügbar sein.»

Aber auch in der Nähe grosser Seen sind die Schäden weniger gross, da die Wasserflächen ausgleichend wirkten: Im Genferseegebiet der Waadt und in jenen Gebieten des Thurgau, die nahe am Bodensee lägen, seien die Schäden weniger gross, sagt Bregy.

Im empfindlichsten Stadium

Die Bedingungen – Wärme und Sonne – seien zunächst sensationell gewesen, berichtet Othmar Eicher, Fachspezialist Obstbau im Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg in Gränichen AG. Aber gerade im empfindlichsten Stadium, während der Blüte und der Bildung der Jungfrüchte, habe der Frost nun Kirsch-, Zwetschgen-, Birnen und Apfelbäume erwischt.

Die empfindlichen Kirschen würden wegen ihres höheren Marktwerkts besser geschützt gegen die Witterung, etwa mit Regendächern, sagt Eicher. Wer solche Schutzdächer über seinen Bäumen installiert und darunter mit Kerzen habe heizen können, habe Schaden abwenden können.

Die weniger rentablen Zwetschen und Birnen blieben dagegen ungeschützt. Entsprechend dürften laut Eicher die Schäden an diesen Kulturen grösser sein. Unterschiedlich stark beschädigt sein dürften die je nach Sorte und Lage früher oder später blühenden Apfelbäume.

Frostversicherung für Reben

Die Schweizer Hagel versichert lediglich Rebkulturen gegen Frost – wenn die Besitzer die Versicherung überhaupt abschliessen. Denn nur etwa 5 Prozent der Weinbauern haben ihre Reben gegen Frost versichert. Die Tendenz steigt allerdings.

Bis Montag erhielt die Schweizer Hagel rund 50 Schadenmeldungen. Die Frostschäden in Weinbergen seien ohne Zweifel grösser als beim Frost im vergangenen Frühling, sagte Direktor Pascal Forrer auf Anfrage. Er erwartet, dass rund jeder zweite gegen Frostschäden versicherte Weinbauer einen Schaden an seinen Kulturen melden wird.

Anti-frost candles burn in a vineyard in Jenins, Switzerland, Friday, April 21, 2017. Due to unusual low temperatures wine growers try to protect their grape shoots with anti-frost candles. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Die Landi Reba hat in der vergangenen Woche die Nordwestschweizer Obst- und Rebbauern mit Frostkerzen beliefert. Vergangene Woche – vor der ersten kalten Nacht – hat sie ihre Lager leer verkauft, wie Geschäftsführer Beat Gisin sagt. Seines Wissens seien Frostkerzen europaweit nicht mehr zu haben. Denn auch in Österreich und Süddeutschland sei es kalt gewesen.

Nicht immer hätten Kerzen geholfen, sagt er. In der Nordwestschweiz, dem Einzugsgebiet der Landi Reba, habe in der Nacht vom vergangenen Mittwoch zum Donnerstag ein eigentlicher Winterfrost geherrscht, kombiniert mit Bise. In einer ungedeckten Obstanlage könne die Wärme der Kerzen unter diesen Bedingungen nichts ausrichten.

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