Jede fünfte Person in der Schweiz ist übermässigem Strassenlärm ausgesetzt. Am grössten ist die Lärmbelastung in den Städten, wie neue Zahlen des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) zeigen. Hier leidet jede dritte Person Tag und Nacht unter lautem Verkehrslärm.
In den Agglomerationen ist es am Tag noch jede sechste Person, in der Nacht jede siebte. Im ländlichen Raum ist die Lärmbelastung halb so hoch. Von Eisenbahn- und Fluglärm sind deutlich weniger Personen betroffen als von Strassenlärm.
Mit Blick auf den Tag gegen Lärm vom Mittwoch informierte das BAFU auch über die Folgen der Lärmbelastung. «Lärm versetzt den Körper in ständige Alarmbereitschaft», sagte Urs Walker, Leiter der Abteilung Lärm beim BAFU, vor den Medien in Bern. Das könne zum Beispiel zu Schlaf- und Herz-Kreislauf-Störungen führen. Bei Kindern könne die kognitive Entwicklung beeinträchtigt werden.
Um die Bevölkerung vor Strassenlärm zu schützen, wurde zwischen 2008 und 2011 bereits 250 Millionen Franken eingesetzt. 37’000 Schallschutzfenster wurden eingebaut. 25’000 Menschen sind nun, etwa dank Schallschutzwänden oder Fahrbahnüberdeckungen, besser geschützt.
Lärm an Quelle verhindern
Diese Massnahmen nützten zwar gegen Lärm, könnten aber nicht überall errichtet werden, sagte Sophie Hoehn, Leiterin der Sektion Strassenlärm beim BAFU. In Zukunft müsse man darum vermehrt versuchen, den Lärm bereits an der Quelle zu verhindern.
Mit besonderen Strassenbelägen etwa könne der Lärm um bis zu 9 Dezibel vermindert werden. Das habe denselben Effekt wie wenn nur noch ein Achtel des Verkehrs unterwegs wäre. Die Wirkung des Strassenbelags nehme aber über die Jahre ab.
Eine andere Möglichkeit seien Temporeduktionen. Bei Tempo 30 zum Beispiel seien die Lärmemissionen um zwei bis drei Dezibel tiefer als bei Tempo 50. Das entspreche in etwa der Halbierung der Verkehrsmenge. Hauptproblem bei dieser günstigen und schnell umsetzbaren Massnahme sei die Akzeptanz der Autofahrer.
Als weitere Massnahme «an der Quelle» nennt Hoehn lärmarme Reifen. Denn ab einer Fahrgeschwindigkeit von 35 Kilometern pro Stunde sei das Reifen-Fahrbahn-Geräusch die dominanteste Lärmquelle eines Autos. Mit einer Kampagne sollen Autofahrer derzeit dazu motiviert werden, freiwillig auf leisere Reifen umzusteigen. Lärmarme Reifen seien ebenso sicher, betonte Hoehn.
Lärmbelastung wird weiter zunehmen
Für die Jahre 2012 bis 2015 sollen weitere 600 Millionen Franken in Massnahmen gegen Strassenlärm investiert werden. Trotzdem rechnet Urs Walker vom BAFU nicht mit einer Verbesserung: «Die Lärmproblematik dürfte sich in Zukunft tendenziell verschärfen.»
Dafür werden im Bericht des BAFU mehrere Gründe genannt. Die Bevölkerung werde in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen, heisst es. Bis 2030 werde der Personenverkehr auf den Strassen um weitere 15 bis 29 Prozent zunehmen. Auch werde der Gütertransport auf den Strassen stark anwachsen.