In Stans den Nidwaldner Olymp erklimmen

Stans bietet mit den Stanser Musiktagen, Winkelrieddenkmälern, Kulturkellern und katholischen Pfarreien die perfekte Gratwanderung zwischen innerschweizerischem Brauchtum und Kulturdorf. Auf dem Stanserhorn lässt sich zudem mehr als nur der schöne Ausblick geniessen.

Der Dorfplatz in Stans auf dem sich ein Winkelried-Denkmal und Winkelried-Brunnen befinden.

(Bild: P. Vlahos)

Stans bietet mit den Stanser Musiktagen, Winkelrieddenkmälern, Kulturkellern und katholischen Pfarreien die perfekte Gratwanderung zwischen innerschweizerischem Brauchtum und Kulturdorf. Auf dem Stanserhorn lässt sich zudem mehr als nur der schöne Ausblick geniessen.

Völlig unvermittelt trieb es uns nicht in das 8000-Seelen-Dorf Stans. Im Hauptort Nidwaldens fanden nämlich wieder die sechstägigen, wirklich wunderbaren Stanser Musiktage statt. Das jährliche elektronische World Music Festival musste zwar letztes Jahr wegen Budgetschwierigkeiten aussetzen, erschien dieses Jahr aber in neuem Glanz. Es bleibt zu hoffen, dass die einheimischen Kulturschaffenden die Innerschweiz auch für weitere 20 Jahre beschallen werden.

Ausgerechnet dieses Jahr war das Nachtprogramm neben Live Acts wie Mbongwana Star (Kongo) und La Dame Blanche (Kuba) zum grössten Teil von Basler Bass und World-DJs wie Lord Soft, die Acc-Ess Crew, Getting Any?, Phil Battiekh und Oro Negro besetzt. Das Publikum selbst vermittelt dabei die Atmosphäre eines riesigen Klassentreffens, da ein grosser Teil der jungen, weggezogenen Stanser für Konzert- und Familienbesuche zurückkehren. Unter ihnen finden sich mehr als freundliche Einheimische, die uns Touristen gern durch die Stanser Besonderheiten führten.

Wo Jodelstammtisch und Philo-Café eins sind 

Wer dabei in die verfängliche Situation gerät, selbst für einen Nidwaldner gehalten zu werden, sieht sich in der Regel mit derselben wiederkehrenden Frage konfrontiert: «Was bisch di fir eine?» Damit handelt es sich nicht etwa um einen Aufruf zur Selbstreflektion, sondern ein schlichtes Erkunden nach der Familienzugehörigkeit. 

Denn unter den Nidwaldner Urbauern-Grosssippen Achermann, Barmettler, Odermatt, Christen, Baumgartner oder Näpflin betreiben die Dorfältesten bis heute noch Ahnenkunde bis zu den Zeiten Winkelrieds. Stans ist zweifelsohne ein Ort der Tradition. Ein grosser Teil davon ist katholisch geprägt und lässt sich auf eindrücklicher Weise mit der Schädelfassade des 534 Jahre alten Beinhauses der Stanser Pfarrei näherbringen.



Jesus und die Schädelfassade im Beinhaus.

Jesus und die Schädelfassade im Beinhaus. (Bild: B. Achermann)

Die besten Entdeckungen einer Reise sind bekanntlich die zufälligen. Umso mehr freuten wir uns, als wir in den periodisch offenen Flohmarkt des Kulturkellers Backstube hineinstolperten, den der sympathische Peter Baggenstos betreibt.



Der weltweit erste Cabrio-Seilbahn bei seiner ersten Fahrt der Saison.

Die weltweit erste Cabrio-Seilbahn bei ihrer ersten Fahrt der Saison. (Bild: B. Achermann)

Neben Nidwaldner Nostalgie-Artikeln, handgemachtem Schmuck und sonst allerlei interessanter Niedlichkeiten gibt es dort auch alte Vinylplatten für einen Franken pro Stück. Im selben Keller werden auch gelegentlich Konzerte, ein Jodelstammtisch, ein Philo-Café und Koffermärkte gehalten. Stans hat auch ausserhalb der Festivaltage mehr als nur Kirchenkultur zu bieten.



Der sympatische Backstuben-Betreiber Peter zwischen seinem Flohmarkt und meiner neuen «Die Ärzte» Live-Platte.

Der sympatische Backstuben-Betreiber Peter zwischen seinem Flohmarkt und meiner neuen «Die Ärzte»-Live-Platte. (Bild: P. Vlahos)

Mit dem CabriO auf der Suche nach höheren Altituden und Kräften

Aus dem Keller heraus stiegen wir als nächstes auf 1898 Meter über Meer mit der «CabriO»-Bahn zum Stanserhorn, die am selben Wochenende für die Sommersaison eröffnete. Der etwas sonderbare Name der Seilbahn gründet daher, dass der doppelstöckige Pendelseilwagen der weltweit erste mit einer offenen Dachetage ist. Die offene Sicht auf das immer kleiner werdende, herumliegende Tal ist, gelinde gesagt, atemberaubend.



Der weltweit erste Cabrio-Seilbahn bei seiner ersten Fahrt der Saison.

Der weltweit erste Cabrio-Seilbahn bei seiner ersten Fahrt der Saison. (Bild: B. Achermann)

Auf dem Stanserhorn kann sodann mit Spezialparcours, Bergführungen und Gleitschirmstationen auch anderes als nur der Ausblick genossen werden. Unseren persönlichen Höhepunkt – der ein paar Meter tiefer als die Bahnstation liegt – war der «Kraftort», der auf der CabriO-Website wie folgt beschrieben wird: 

«Orte der Kraft sind natürliche Energiezonen. […] Auf dem Stanserhorn sammeln sich von drei Seiten gebündelte Grundstrahlen, die den Wert von 22’000 Boviseinheiten ergeben. Dies entspricht dem Kraftpotential der Mondpyramide von Teotihuacán in Mexico, da wo Menschen zu Göttern wurden. Den Punkt mit der maximal fühlbaren Kraftwirkung findet man bei der Feuerstelle in südöstlicher Richtung.»

DAS wollten wir uns jedenfalls nicht entgehen lassen. Auf dem Stanserhorn angekommen, mussten wir leider feststellen, dass der Pfad zum radiästhetischen Energiebündel wegen Schnee noch gesperrt war. Da es uns jedoch schliesslich um eine metaphysisch höhere Weltordnung ging, entschieden wir uns kurzerhand die irdischen Verbotsschilder zu überwinden. Wir stampften halt in Turnschuhen über die Absperrung durch den Schnee zum Kraftort. Selbst bei diesem göttlichen Ausblick: Bitte nicht nachmachen!

Mein einheimischer Begleiter (Achermann-Sippe) bei seiner Götterwerdung.

Mein einheimischer Begleiter (Achermann-Sippe) bei seiner Götterwerdung. (Bild: P. Vlahos)

 

  • Anbeissen: Auf dem Stanserhorn-Drehrestaurant. Schnitzel auf 1898 M.ü.M. und das noch in Rotation. Was will man mehr?
  • Abhängen: Das gemütlich eingerichtete «kafikaufbar» neben der CabriO-Bodenstation lädt mit Gartenblick auf die Bergwand zum verweilen ein.

 

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