Bei der Präsidentenwahl in Tunesien haben sich am Sonntag noch vor Öffnung der Wahllokale Warteschlangen in der Hauptstadt Tunis gebildet. Sie waren aber kürzer als noch bei der Parlamentswahl vor einem Monat.
Aus anderen Teilen des nordafrikanischen Landes zeigte das tunesische Fernsehen nur eine mittelmässige Wahlbeteiligung. Vorläufige Ergebnisse werden innerhalb von 48 Stunden erwartet.
Fast vier Jahre nach der Jasminrevolution stimmen die Tunesier erstmals bei einer demokratischen Direktwahl über ihren Präsidenten ab. Insgesamt waren mehr als fünf Millionen registrierte Wahlberechtigte zur Teilnahme aufgerufen.
Die besten Chancen hat nach Umfragen der 87 Jahre alte säkulare Kandidat Béji Caïd Essebsi. Er gab eine halbe Stunde nach Öffnung der Wahllokale in einer von der Polizei massiv abgesicherten Schule in einem Vorort von Tunis seine Stimme ab. «Hoch lebe Tunesien» riefen einige der Anwesenden.
Neben Essebsi sind der derzeitige Übergangsstaatschef Moncef Marzouki sowie der Linkspolitiker Hamma Hammami die wichtigsten Kandidaten. Die islamistische Ennahda hat keinen Kandidaten ins Rennen geschickt, um das Land nicht weiter zu spalten, wie die Partei erklärte.
Dass einer der 27 Bewerber, von denen mindestens vier bereits ihren Rückzug angekündigt haben, schon in der ersten Runde die absolute Mehrheit erreicht, gilt als unwahrscheinlich. Am 28. Dezember ist daher eine Stichwahl geplant.
Verzögerungen in Grenzgebieten
In einigen Gebieten nahe der Grenze zu Algerien gab es nach Angaben der Wahlkommission wegen der schwierigen Sicherheitslage Verzögerungen. Dort sollten die Wahllokale erst zwei Stunden nach dem offiziellen Beginn des Wahltags öffnen.
«Diese Gegenden liegen an der Front im Kampf gegen die Terroristen in den Bergen», hiess es. Die Grenze zum Krisenland Libyen wurde bereits vorab gesperrt.
Tunesien ist das Geburtsland des Arabischen Frühlings. Nach dem Sturz von Langzeitherrscher Ben Ali Anfang 2011 begannen auch in Ägypten, Libyen, Syrien und anderen Ländern Massenproteste.