Initianten der Zweitwohnungsinitiative drohen mit Referendum

Das vom Bundesrat geplante Zweitwohnungsgesetz ist aus Sicht der Initianten eine «Parodie von Demokratie». Im Entwurf habe kein einziger der in der Vernehmlassung durch Umweltschützer eingebrachte Vorschläge Niederschlag gefunden, kritisierte der Anwalt der Initianten. Er droht mit dem Referendum.

Bauland in Furna im Prättigau (Symbolbild) (Bild: sda)

Das vom Bundesrat geplante Zweitwohnungsgesetz ist aus Sicht der Initianten eine «Parodie von Demokratie». Im Entwurf habe kein einziger der in der Vernehmlassung durch Umweltschützer eingebrachte Vorschläge Niederschlag gefunden, kritisierte der Anwalt der Initianten. Er droht mit dem Referendum.

Der Entwurf des Bundesrates gebe den Gegnern der vom Volk angenommenen Zweitwohnungsinitiative alle Mittel in die Hand, um den Verfassungsauftrag zu umgehen. Besonders sauer stösst Helvetia-Nostra-Anwalt Pierre Chiffelle auf, dass «die Kantone die Umsetzung überwachen sollen» – auch jene, die gegen die Initiative waren.

Das Stimmvolk hatte die Initiative im März vor zwei Jahren angenommen. Die Initiative war von der Fondation Franz Weber und von der Organisation Helvetia Nostra lanciert worden.

Der Gesetzesentwurf des Bundesrates ist für die beiden Organisationen voller Schlupflöcher und damit inakzeptabel. So setze der Entwurf dem Problem falscher Erstwohnsitze nichts entgegen. Als Absurdität bezeichnete Chiffelle, dass künftig weiter alte Hotels in Zweitwohnungen umgewandelt werden dürfen.

Das geplante Gesetz sei viel zu lasch. Helvetia Nostra werde nun im Parlament eine «intensive Lobby-Arbeit» betreiben. Sollten die Initianten bei den Parlamentariern und Parlamentarierinnen auf taube Ohren stossen, werde die Stiftung nicht zögern, sich erneut ans Volk zu wenden; «zum Beispiel via ein Referendum», sagte Chiffelle.

Viele Ausnahmen

Der Entwurf, welchen der Bundesrat ans Parlament weiterleitete, deckt sich weitgehend mit der Vernehmlassungsvorlage. Dem Grundsatz nach ist der Neubau von Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent zwar verboten. Nicht betroffen sind Wohnungen für Wochenaufenthalter, Personalwohnungen oder Asylunterkünfte.

Vom Grundsatz gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen. So soll etwa der Bau touristisch bewirtschafteter Wohnungen weiterhin möglich sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein hotelähnliches Betriebskonzept mit Infrastrukturen wie beispielsweise einer Rezeption vorhanden sind.

Eine Baubewilligung für eine Ferienwohnung soll es auch dann geben, wenn diese in der Hauptsaison weitgehend verfügbar ist und auf einer kommerziellen Plattform zur Vermietung angeboten wird. Das Gesetz lässt dabei viel Spielraum. Vorgesehen ist, dass der Bundesrat die genauen Anforderungen in einer Verordnung festlegen würde.

Mit einer weiteren Ausnahme will er der Hotellerie entgegenkommen: Hotels sollen in Zweitwohnungen umgewandelt werden können, falls der Betrieb bereits seit 25 Jahren besteht und anders nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden kann.

Der Bundesrat schlägt sogar vor, unrentablen Hotels den Bau von Zweitwohnungen zu erlauben, falls diese nur so wirtschaftlich weiterbetrieben werden können. Die Fläche des bestehenden Betriebs darf dafür um 20 Prozent erweitert werden.

Schutz für Rustici

Auch in ortsbild- und landschaftsprägenden Bauten sollen neue Ferienwohnungen gebaut werden dürfen. Bedingung ist, dass das Gebäude selber oder das Ortsbild unter Schutz stehen.

Der Bundesrat geht davon aus, dass geschützte Bauten häufig nur auf diesem Weg erhalten werden können. Dies soll aber nicht für jedes «allein stehende ehemalige Stallgebäude» gelten, wie der Bundesrat in der Botschaft präzisiert.

Anders sieht es aus, wenn der Stall von einer kantonalen Behörde unter Schutz gestellt wird: Im Rahmen des geltenden Raumplanungsrechts wäre die Umnutzung in eine Zweitwohnung gemäss Entwurf weiterhin zulässig. Damit geht der Bundesrat auf die Forderung ein, Rustici oder als Ferienwohnungen genutzte Maiensässe weiterhin zu erlauben.

Auch den Promotoren touristischer Grossprojekte wie in Andermatt oder im Wallis kommt der Bundesrat entgegen. Falls der Sondernutzungsplan bei Annahme der Initiative bereits bewilligt und die Anlage in ihren Grundzügen geplant war, dürfen weiterhin Zweitwohnungen gebaut werden. Auf eine Frist für die Umsetzung des Projekts verzichtet der Bundesrat.

Eine zentrale Frage der Umsetzungsgesetzgebung betrifft die Umnutzung von Erstwohnungen in Ferienwohnungen mit kalten Betten. Der Bundesrat hatte in der Vernehmlassung eine restriktive und eine liberale Variante vorgelegt und sich nun für eine Zwischenlösung entschieden.

Wohnungen, die am Tag der Annahme der Initiative schon bestanden oder rechtskräftig bewilligt waren, dürfen frei von Erst- in Zweitwohnungen umgenutzt werden. Erweiterungen sind aber nur erlaubt, wenn sie unter eine der Ausnahmen fallen.

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