Ägyptens entmachtete Islamisten haben der neuen Übergangsregierung den Kampf angesagt. Am Tag nach deren Vereidigung marschierten tausende Anhänger der Muslimbruderschaft durch die Innenstadt von Kairo.
Sie wollten vor das Regierungsgebäude ziehen, wurden aber von Sicherheitskräften daran gehindert. Es kam zu kleineren Rangeleien. Der Protestzug erreichte schliesslich die Universität Kairo auf dem gegenüberliegenden Nil-Ufer. Die Islamisten verlangen die Wiedereinsetzung Mohammed Mursis, der am 3. Juli nach Massenprotesten gegen seine Herrschaft vom Militär gestürzt worden war.
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton forderte bei ihrem Besuch in Kairo die Freilassung des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi. «Ich hätte ihn gerne getroffen», sagte Ashton am Mittwoch in der ägyptischen Hauptstadt. Ihr sei aber versichert worden, dass es Mursi gut gehe. Dieser wird seit seiner Absetzung durch das Militär am 3. Juli an einem unbekannten Ort festgehalten.
Ashton war mit Vertretern der neuen ägyptischen Führung zusammengetroffen und hatte dabei gefordert, schnell zur Demokratie überzugehen. Sie sprach unter anderen mit dem neuen Regierungschef Hasem al-Beblawi, Übergangspräsident Adli Mansur, Interimsvizepräsident Mohammed El-Baradei und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi.
Ashton kam zudem mit Vertretern der Tamarod-Bewegung zusammen, die mit Unterschriftensammlungen und Massendemonstrationen Mursis Sturz in Gang gesetzt hatte.
Sicherheit hat Priorität
In Kairo nahm derweil die Übergangsregierung ihre Amtsgeschäfte auf. Das 35-köpfige Kabinett von Ministerpräsident Hasem al-Beblawi soll die Wirtschaft stabilisieren, für Sicherheit sorgen und Neuwahlen in sechs Monaten vorbereiten. «Sicherheit hat oberste Priorität für die Übergangsregierung», erklärte Innenminister Mohammed Ibrahim laut einem Bericht der Webseite der Tageszeitung «Al-Masry al-Youm».
An die Mursi-Anhänger gewandt sagte er, dass er keine Strassenblockaden und keine Behinderung von Regierungsämtern tolerieren werde. Diesbezügliche Versuche würden auf eine «entschlossene Antwort» der Sicherheitskräfte treffen.
Überarbeitete Verfassung
Übergangspräsident Mansur setzte ein zehnköpfiges Expertenkomitee ein, das die von Mursi stammende Verfassung überarbeiten soll. Die Vorschläge des Komitees werden später einem breiter zusammengesetzten, 50-köpfigen Ausschuss vorgelegt. Der endgültige Text soll durch eine Volksabstimmung gebilligt werden.
Ein Sprecher der Muslimbruderschaft kritisierte die neue Regierung als Produkt eines unrechtmässigen Regimes. Die Organisation will ihre Anhänger so lange demonstrieren lassen, bis Mursi wieder im Amt ist. In einem Protestcamp im Osten von Kairo haben tausende Mursi-Anhänger ihre Zelte aufgeschlagen.
Angriff auf Sinai
Bei einem Angriff auf einen Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte auf der Halbinsel Sinai wurden acht Menschen verletzt. Extremisten griffen die Stellung in der Grenzstadt Rafah am Gazastreifen in der Nacht zum Mittwoch mit Panzerfäusten an und verschwanden daraufhin.
Unter den Verletzten waren sechs Soldaten und zwei Zivilisten, berichteten ägyptische Medien. Seit dem Umsturz haben religiöse Extremisten und kriminelle Banden ihre Aktivitäten im Norden des Sinai verstärkt.