Ein von radikalen Islamisten aufgehetzter Mob hat in Ägypten vier Angehörige der schiitischen Minderheit getötet. Aus Sicherheitskreisen hiess es am Montag, die Angreifer hätten ihre Opfer am Sonntagnachmittag aus einem Haus in Sawijat Abu Muslem südlich von Kairo herausgezerrt.
Sie hätten ausserdem mehrere Häuser angezündet. Acht Menschen seien verletzt worden.
Auf Bildern, die von einigen ägyptischen Medien veröffentlicht wurden, ist zu sehen, wie blutüberströmte Männer durch die staubigen Strassen des Dorfes geschleift werden. Ägyptische Medien berichteten, 15 Täter seien inzwischen identifiziert worden.
Die Bluttat löste bei vielen Ägyptern grosses Entsetzen aus. Liberale Politiker und Menschenrechtler warfen den regierenden Islamisten vor, sie hätten den Hass auf die religiösen Minderheiten geschürt.
Nur etwa ein Prozent der Ägypter bekennt sich zum Islam schiitischer Glaubensrichtung. Fast 90 Prozent der Einwohner des nordafrikanischen Landes sind sunnitische Muslime. Die Christen bilden die grösste religiöse Minderheit.
Mursis Büro verurteilt Bluttat
Der aus der Muslimbruderschaft stammende Präsident Mohammed Mursi äusserte sich persönlich nicht zu den Lynchmorden. Sein Büro verurteilte die Tat jedoch und erklärte: «Dieser unglückliche Zwischenfall widerspricht völlig dem toleranten und respektvollen Geist des ägyptischen Volkes, das für seine gemässigte Haltung bekannt ist.» Ähnlich äusserte sich auch Ministerpräsident Hischam Kandil.
In den vergangenen Monaten hatten in Ägypten mehrere radikale Salafisten-Prediger gegen Schiiten gehetzt. Ein Plan der Regierung, iranische Touristen ins Land zu holen, wurde von ihnen als «Gefahr der Verbreitung des schiitischen Islam in Ägypten» bezeichnet.
Seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar 2011 nimmt die ägyptische Polizei ihre Aufgaben teilweise nicht mehr wahr. Das hat vielerorts zu Rechtlosigkeit und Fällen von Selbstjustiz geführt. Im Nil-Delta hatte es in den vergangenen Monaten mehrere Lynchmorde gegeben.