Nach der Ermordung der drei im Westjordanland entführten Jugendlichen hat Israel der Hamas harte Vergeltung angedroht. Neuer Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen wurde mit zahlreichen Luftangriffen beantwortet. Im ganzen Land kam es zu spontanen Trauerversammlungen.
Das Verschwinden der zwei 16-jährigen und eines 19-jährigen Religionsschüler, die am 12. Juni per Autostopp zwischen Bethlehem und Hebron unterwegs waren, hatte die israelische Öffentlichkeit während Wochen in Atem gehalten.
Als die wachsende Befürchtung, sie könnten nicht mehr leben, am Montagabend zur Gewissheit wurde, versammelten sich Trauernde an mehreren zentralen Orten. Sie sangen Lieder und zündeten Kerzen an.
Viele Menschen kamen noch am Abend an der Kreuzung nahe dem Siedlungsblock Gusch Ezion zusammen, in deren Nähe die drei Jugendlichen beim Trampen zu ihren Mördern in ein gestohlenes Fahrzeug mit israelischem Kennzeichen gestiegen waren.
Die drei Leichen wurden am Dienstag offiziell identifiziert. Die DNA-Tests hätten gezeigt, dass es sich um Gilad Schaer, Naftali Frankel und Ejal Jifrach handle, sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld.
Rache angekündigt
Der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon kündigte an, die Mordtaten würden nicht ungesühnt bleiben: «Die Hamas-Bewegung ist dafür verantwortlich, und wir wissen, wie wir Rechnungen mit ihr zu begleichen haben», erklärte der Minister im Militärradio. Und er versprach: «Wir werden die Jagd auf die Mörder der Jungen fortsetzen und nicht ruhen, bis wir sie ergriffen haben.»
Die Hamas beschuldigte ihrerseits Israel, den Tod der drei Jugendlichen als Vorwand für weitere Militäraktionen gegen die Palästinenser zu benutzen. «Wir weisen alle israelische Unterstellungen und Drohungen gegen uns zurück», hiess es in einer Erklärung der Hamas. Keine palästinensische Gruppe – auch nicht die Hamas – habe sich zu der Aktion bekannt.
Kabinett gespalten
Das Armeeradio berichtete, das israelische Sicherheitskabinett sei tief gespalten in der Frage, wie breit die israelischen Reaktionen ausfallen sollten. Diskutiert wird insbesondere ein möglicher Einsatz von Bodentruppen im Gazastreifen, der Hochburg der Hamas.
Ein Regierungsvertreter erklärte der Nachrichtenagentur AFP, Jaalon habe «massgeschneiderte» Antworten vorgeschlagen, die zu keiner allgemeinen Eskalation im Gazastreifen führen sollten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu neige ebenfalls zu dieser Position.
Eine härter Gangart, die auch Strafmassnahmen gegen die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geführte Autonomiebehörde in Ramallah einschliesse, werde hingegen von Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Kommunikationsminister Gilad Erdan vertreten.
34 Luftangriffe und Haussprengung
Bereits in der Nacht auf Dienstag flogen israelische Kampfjets insgesamt 34 Angriffe auf den Gazastreifen. Wie das palästinensische Innenministerium mitteilte, zielten die Bombardements auf Übungsplätze bewaffneter Gruppen. Besonders Stützpunkte von Hamas und Islamischem Dschihad in Chan Junis und Rafah seien beschossen worden. Dabei wurden demnach vier Menschen verletzt.
Die israelische Armee erklärte, die neuerlichen Luftangriffe seien wie schon zuvor die direkte Antwort auf Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen und stünden nicht in Zusammenhang mit der Ermordung der drei Jugendlichen. Seit Sonntagabend hätten militante Palästinenser mindestens 18 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert.
Die Wohnhäuser der beiden von Israel direkt der Tat verdächtigten Hamas-Mitglieder in Hebron wurden am späten Montagabend gesprengt, wie Augenzeugen berichteten.
Bei einer Razzia im Flüchtlingslager Dschenin im Norden des Westjordanlandes erschoss die israelische Armee nach Angaben beider Seiten in der Nacht auf Dienstag einen jungen Palästinenser, der einen Brandsatz geworfen hatte. Nach palästinensischen Angaben war er der sechste Mensch, der seit der Entführung der Jugendlichen am 12. Juni bei israelischen Einsätzen im Westjordanland getötet wurde.