Nach dem Anschlag in Tel Aviv hat Israel das Westjordanland und den Gazastreifen abgeriegelt. Bis Sonntagnacht können Palästinenser die Gebiete nur in humanitären und medizinischen Notfällen verlassen. Das Aussendepartement in Bern mahnte beide Seiten zur Mässigung.
Bundesrat Didier Burkhalter verurteilte in einer Mitteilung vom Freitag den Anschlag in Tel Aviv mit mindestens vier Toten. Palästinensische politische Akteure, besonders die Hamas, rief er auf, sich jeder Anstachelung zur Gewalt entgegenzustellen, und die israelischen Behörden, «die Auswirkungen ihrer Massnahmen auf die Rechte der palästinensischen Bevölkerung zu berücksichtigen».
Palästinenser aus dem Westjordanland dürften nach den üblichen Regelungen zum Freitagsgebet auf den Tempelberg gehen, sagte eine Sprecherin der israelischen Armee. Die Lage im Gazastreifen und dem Westjordanland blieb zunächst ruhig.
Am Mittwochabend hatten in einem Café im Zentrum von Tel Aviv zwei palästinensische Attentäter vier Israelis erschossen. Mindestens fünf weitere Besucher des ehemaligen deutschen Templerdorfs Sarona wurden bei dem Anschlag verletzt. Sicherheitskräfte fassten die Attentäter, einer davon wurde dabei verletzt.
Blockadering um Jata
Die Armee legte am Donnerstag einen Blockadering um das Dorf Jata im südlichen Westjordanland, aus dem die Angreifer stammen. Nach Polizeiangaben sind sie Cousins. Israels rechtsorientierter Regierungschef Benjamin Netanjahu teilte am Donnerstagabend mit, dass ein weiterer Komplize der Attentäter gefasst worden sei.
Weder die im Gazastreifen herrschende Hamas noch die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland äusserten sich zunächst zu der Abriegelung durch Israel. Die Bewohner des Gazastreifens dürfen die Küstenregion grundsätzlich nur mit Genehmigung Israels verlassen.
Für die Palästinenser aus dem Westjordanland sind die Regelungen üblicherweise weniger strikt. So dürfen beispielsweise Frauen grundsätzlich zum Freitagsgebet auf den Tempelberg. Zuletzt hatte Israel die Palästinensergebiete für zwei Tage während des jüdischen Pessach-Festes Ende April abgeriegelt. Am Sonntag begehen die Israelis den jüdischen Feiertag Schavuot.
Als Kollektivstrafe empfunden
Der palästinensische Politik-Kommentator Muhannad Abdul Hamid sieht Israels Massnahmen als Kollektivstrafe für die Bevölkerung: Diese würden die Situation nur verschlimmern.
«Israel glaubt, dass eine Bestrafung der Menschen für die Taten einer weniger zu einem Ende der Intifada führen wird», sagte er am Freitag. «Im Gegenteil: Israel bringt die Menschen damit dazu, gewalttätiger zu reagieren als sich zu unterwerfen.»
Israel hatte direkt nach dem Anschlag ein hartes Vorgehen gegen die Palästinenser angekündigt. Einreisegenehmigungen für 83’000 Palästinenser aus dem Westjordanland, die Angehörige zum Ramadan besuchen wollten, wurden aufgehoben.
Hamas droht mit weiteren Attacken
Auch fror Israel bereits erteilte Genehmigungen für Einwohner des Gazastreifens ein, einschliesslich Gebetsrechte auf dem Tempelberg. Die Hamas hatte für den muslimischen Fastenmonat Ramadan weitere Attacken angedroht.
Eine Lücke im Sicherheitszaun zwischen südlichem Westjordanland und Israel soll geschlossen werden. Nach Medienberichten will Israel zudem die Leichen von palästinensischen Attentätern künftig nicht mehr zurückgeben – wie schon früher. Netanjahu lässt demnach die Möglichkeit prüfen, die Toten in Israel auf speziellen Friedhöfen zu beerdigen.
Kritik von der UNO
Die Vereinten Nationen kritisierten die israelische Reaktion. Die Rücknahme von Einreisegenehmigungen für mehr als 80’000 Palästinenser könne einer Kollektivstrafe gleichkommen, erklärte UNO-Menschenrechtskommissar Seid Ra’ad al Hussein am Freitag. So etwas sei nach internationalem Recht verboten.
Das Vorgehen verstärke unter den Palästinensern zudem das Gefühl von Unrecht und Frustration sagte Al-Hussein. Der UNO-Vertreter betonte zugleich, dass er das Attentat verurteile.