Der israelische Finanzminister Jair Lapid hat die Zahlung von Beihilfen an jüdische Siedlungen im Westjordanland vorläufig ausgesetzt. Lapid reagierte damit am Samstagabend auf Medienberichte, wonach Gelder umgeleitet und für politische Kampagnen genutzt wurden.
Aufgrund von Berichten des privaten TV-Senders «Kanal 2» und weiterer Hinweise an das Finanzministerium auf eine rechtswidrige Weiterleitung der Mittel an die zentrale Interessenvertretung der Siedler habe der Minister entschieden, alle Überweisungen bis zur Aufklärung der Vorwürfe zu stoppen, gab das Ministerium bekannt.
Es geht um Kompensationszahlungen, die die Regierung den Siedlern 2010 wegen entgangener Grundsteuern nach einem zehnmonatigen Baustopp parallel zu Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zugesagt hatte. Diese sollten der Sicherheit und Modernisierung von Schulen und Kindergärten zugute kommen.
Nach Angaben der israelischen Bürgerrechtsgruppe «Molad» wurden zu diesem Zweck seitdem umgerechnet 38,5 Millionen Franken an jüdische Siedlungen im besetzten Westjordanland überwiesen. Der Siedlerrat habe die Gelder offenbar «für Kampagnen insbesondere gegen die Regierungspolitik genutzt», erklärte das Ministerium.
Vorwürfe zurückgewiesen
Avi Roe, Vorsitzender des Siedlerrats, spielte die Vorwürfe am Sonntag herunter: «Am Ende wird herauskommen, dass aus einer Mücke ein Elefant gemacht wurde. Und wir werden weitermachen wie bisher», sagte er im Armee-Radio.
Lapids Entscheidung ist vor dem Hintergrund einer wachsenden internationalen Boykottbewegung gegen die israelische Siedlungspolitik zu sehen.
Während die Mitte-Parteien in der israelischen Regierung – wie die liberale Zukunftspartei des Finanzministers – vor verheerenden wirtschaftlichen Folgen eines Scheiterns der laufenden Friedensverhandlungen mit den Palästinensern warnen, stellt sich der rechte Regierungsflügel offen gegen eine teilweise Räumung der völkerrechtswidrigen jüdischen Siedlungen.