Claudio Abbado, einer der bedeutendsten Dirigenten weltweit, ist tot. Der langjährige Chef der Berliner und Wiener Philharmoniker starb am Montag nach langer Krankheit mit 80 in Bologna.
Er sei «unbeschwert» im Kreis seiner Familie gestorben, teilte sein Büro mit. Das Lucerne Festival, das mit Claudio Abbado eng verbunden war, reagierte mit Bestürzung. Der Tod Abbados sei das traurige Ende einer langjährigen, unglaublich inspirierten und von grössten künstlerischen Erfolgen gekrönten Zusammenarbeit, schreibt das Festival auf seiner Homepage.
Zum ersten Mal bei Lucerne Festival am Dirigentenpult gestanden war Abbado 1966. 2003 – drei Jahre nach seiner Krebsdiagnose – gründete er nach vielen anderen Orchestern das Lucerne Festival Orchestra, das er die «Erfüllung eines Traums» nannte. Für seine Verdienste um das Festival verlieh die Stadt Luzern Abbado 2005 das Ehrenbürgerrecht.
Sein Vertrag als Leiter des Orchestras wäre dieses Jahr ausgelaufen. Sein nächster Auftritt war zusammen mit dem Orchestra Mozart für den 7. April geplant gewesen, anlässlich von Lucerne Festival zu Ostern; fünf weitere Konzerte hätten noch folgen sollen.
Dass stattdessen das Konzert vom 26. August 2013 sein letztes sein würde in Luzern, habe man damals schon geahnt, schreibt Festivalleiter Michael Häfliger in einer Mitteilung: «so weit entfernt, tief verklärt schien uns allen Claudio Abbado an diesem unvergesslichen Abend».
Streit mit der Scala
Der gebürtige Mailänder, Sohn eines Violinisten und einer Klavierlehrerin, studierte zunächst am Konservatorium Giuseppe Verdi in Mailand Orchesterleitung, Klavier und Komposition und wechselte dann zu Hans Swarowsky an die Wiener Musikakademie, wo er neben Zubin Mehta als wichtigster Schüler des grossen Wiener «Dirigentenmachers» galt.
1958 gewann Abbado den Kussewitzky-Preis in Tanglewood/USA. Zwei Jahre später debütierte er als Dirigent an der Mailänder Scala, an der er 1968 leitender Dirigent, 1971 Musikdirektor und 1977 schliesslich künstlerischer Leiter wurde.
In den 80er Jahren zog sich Abbado, der weitere künstlerische Aufgaben als ständiger Gastdirigent der Wiener Philharmoniker (ab 1971) und des London Symphony Orchestra (ab 1988 auch Musikdirektor) übernommen hatte, allmählich im Streit von Mailand zurück und wandte sich Wien zu.
1986 übernahm er mit der eigens für ihn geschaffenen Position eines Musikdirektors der Wiener Staatsoper und der Wiener Philharmoniker eine neue Aufgabe. Im Oktober 1989 wurde Abbado von den Berliner Philharmonikern überraschend zum Nachfolger Herbert von Karajans gewählt. Der Übergang von Karajans autoritärem Stil zum dezidiert freundschaftlichen Abbados verlief nicht reibungslos.
Senator auf Lebenszeit
Abbado setzte sich zeitlebens für moderne Musik ein und arbeitete dabei mit dem Pianisten Maurizio Pollini und dem Komponisten Luigi Nono zusammen. Nach seinem Rückzug aus Berlin ging Abbado nach Italien zurück und gründete das Mozart Orchestra mit jungen Musikern.
Abbado gewann nahezu alle namhaften Preise, darunter 2003 den Praemium Imperiale und 2004 den Kythera-Preis. Am 30. August 2013 wurde er vom Staatspräsidenten Giorgio Napolitano zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Dass seine «Amtsdauer» nur so kurz währte, hätte man wohl trotz seines langen Leidens nicht gedacht.