Nach Angabe von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf verstehen die Finanzminister anderer IWF-Staaten den Entscheid der Schweizer Nationalbank vor drei Monaten, den Franken vom Euro abzukoppeln.
Die Finanzministerin sagte vor Medienvertretern am Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank am Samstag in Washington, zwar habe die Frankenstärke in verschiedenen Ländern zu Wertverlusten geführt. Ihre Amtskollegen könnten den Entscheid der Nationalbank aber nachvollziehen.
Die Schweiz habe keine Kritik geerntet, sondern die Gelegenheit gehabt, offene Gespräche über die Folgen der Abkoppelung zu führen. Weiter wurden die Wechselkurse und ihre Auswirkungen auf die Rohwarenpreise diskutiert, die grossen Bewegungen ausgesetzt sind.
Wirtschaft erholt sich
Laut den Prognosen des IWF wächst die Schweizer Wirtschaft weniger als der globale Durchschnitt. Für das laufende Jahr wird ein Weltwirtschaftswachstum von 3 Prozent vorausgesagt. In der Schweiz werden dieses Jahr infolge der Frankenstärke nur 0,9 Prozent Wachstum erwartet, im nächsten 1,8 Prozent.
Zugpferde des Wachstums sind laut dem IWF die USA, Kanada und Grossbritannien. In Brasilien und China hat sich das Wachstum verlangsamt, es beträgt im Falle Chinas aber immer noch stolze 8 Prozent.
Widmer-Schlumpf wies darauf hin, dass Wirtschaftswachstum und stabile Finanzmärkte nur erreicht werden können, wenn die Reformen im Finanzsektor konsequent umgesetzt würden.
Kein Gehör für Griechenland
Ein wichtiges Thema war am Frühjahrstreffen indes die Krise in Griechenland. Auf die Bitte des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis, seinem Land einen Zahlungsaufschub der Schulden zu gewähren, werde der IWF nicht eintreten, sagte Widmer-Schlumpf.
«Der Tenor war, dass Griechenland etwas weniger die Kommunikation pflegen soll, sondern nun konkrete Schritte einleitet, um seine Probleme an die Hand zu nehmen», sagte sie.
Neben der Schweizer Finanzministerin machten auch IWF-Direktorin Christine Lagarde, EZB-Chef Mario Draghi und mehrere Minister aus Euroländern am Wochenende deutlich, dass Athen dringend verbindliche Reformzusagen präsentieren müsse. Die Erwartungen an das Treffen der Eurogruppe am kommenden Freitag im lettischen Riga sind gering.
«Die Antwort liegt in den Händen der griechischen Regierung», sagte Draghi. «Mehr Arbeit, viel mehr Arbeit ist jetzt notwendig.» Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) sagte, dass sich jeder einen Erfolg Griechenlands wünsche. Die Eurozone sei heute aber besser aufgestellt als noch vor einigen Jahren, «sollte die Krise eskalieren».
Varoufakis in Pflicht genommen
Lagarde erklärte, dass sie «nicht nur eine Beschleunigung, sondern auch eine Vertiefung der Arbeit» der Verantwortlichen in Athen erwarte. Ungewöhnlich deutlich nahm die IWF-Chefin den griechischen Finanzminister in die Pflicht, den sie am Rande der Frühjahrstagung getroffen hatte.
Varoufakis‘ Job sei es, «tief in die Analyse zu gehen» und Zahlen zu Wachstum, Einnahmen und Ausgaben vorzulegen. «Es geht nicht darum, bis zum Ende um die Wette zu rennen, es geht darum, alle Aufgaben zu erledigen, die gemacht werden müssen», sagte Lagarde.
Ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung droht Athen die Zahlungsunfähigkeit und womöglich das Ausscheiden aus dem Euro. Die Verhandlungen mit den Geldgebern von IWF, EZB und EU-Kommission über ein Reformprogramm – die Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche – machen keine Fortschritte.