Der aktuelle Bond-Film «Skyfall» ist ein Kassenschlager und macht Lust auf weitere Agentenfilme im Grossformat. Kein Problem: Das Stadtkino Basel zeigt derzeit Filmklassiker «Beyond Bond». Was uns wiedeurm zu einer Liste inspiriert hat.
«Die Reihe ist gewissermassen vom Himmel gefallen», schreibt das Stadtkino zu seiner Dezemberreihe «Beyond Bond». Schön gesagt. «Skyfall», das aktuelle, 23. Bond-Abenteuer, rollt die Erfolgsserie sozusagen von den Anfängen auf und bietet ein kurzen Einblick, wie Bond wurde, was er ist: ein harter Agent, der zwischen den Mächten seine eigene Linie fährt. Ian Flemings Bond hat, vor allem als Filmfigur, den Typus des Geheimagenten über die Bond-Reihe hinaus definiert. Das war nicht immer so, und was Agenten im Kino jenseits des Gigantismus von 007 auch noch zu erledigen haben, zeigt das Stadtkino derzeit Abend für Abend: düstere Figuren, die von den Abgründen ihres Jobs zerrieben werden, jämmerliche Stasi-Schergen – und Parodien, die Bond karikieren, aber mehr als Plattitüden à la «Austin Powers» auf Lager haben. Fünf davon finden sich in dieser Liste, hinzu kommen zwei neuere Werke fürs Heimkino.
1. North By Northwest (1959)
Über diesen Film könnte man Bücher schreiben. «North By Northwest» gehört zu den bekanntesten Filmen von Alfred Hitchcock und ist der letzte, den er mit Cary Grant gedreht hat. Über den Film hinausgewachsen sind seine bekanntesten Szenen, etwa die Flucht Grants durch ein Maisfeld vor einem mit Maschinengewehren bestückten Schädlingsbekämpfungsflugzeug, die Jagd über Mount Rushmore oder die Schlussszene im Nachtzug zwischen Grant und Eva Marie Saint.
Sogar die Bond-Macher haben sich für Connerys zweites Abenteuer «From Russia With Love» von den Szenen im Maisfeld und im Nachtzug inspirieren lassen. Und über das Agentengenre hinaus zählt «North By Northwest» zu den Höhepunkten der Filmgeschichte. «Die Summe aller filmischen Erfahrungen», sagte François Truffaut dazu. Auch so ein Meister.
2. For Eyes Only (1963)
Sein Name ist Lorenz. Genosse Lorenz. Und seine Mission ist, dem Klassenfeind USA die Angriffspläne gegen das «Weltfriedenslager», die Länder des Warschauer Paktes, abzuluchsen. In diesem Film, der seltsamerweise einen Bond-Titel aus den Siebziger Jahren vorwegzunehmen scheint, ist der Kalte Krieg hoch präsent – allerdings für einmal aus der Sicht des Ostens.
In der DDR gefilmt, zeigt «For Eyes Only» die knochentrockene Stasi-Arbeit in Ostdeutschland vor dem Hintergrund vermuteter NATO-Angriffe gegen Ulbrichts Staat, und gerade unter dem Banner des künstlerischen Realismus entfaltet der Film fesselnde Momente von zeitdokumentarischer Qualität. In der DDR wurde der Film in den Sechziger Jahren zum Kassenschlager, der innert zehn Jahren 2.3 Millionen Zuschauer anlockte und auch in die sozialistischen Freundschaftsländer exportiert wurde: Bulgarien, Ungarn, Rumänien – und sogar Kuba.
3. The Spy Who Came In From The Cold (1965)
Dieser Film stammt aus England und basiert auf dem Roman eines britischen Autors, der selbst auf nachrichtendienstliche Erfahrungen zurückgreifen konnte – aber sonst hat John le Carrés Geschichte und seine Figuren nichts mit den mondänen Abenteuern von Ian Flemings 007 zu tun.
Richard Burton spielt den Agenten Alec Leamas, der als reine Schachfigur zwischen den Supermächten hin- und hergeschoben wird. Der Alltag der Spione ist hier grau, schmutzig, zynisch und depressiv, ständig regnet es, die Geheimdienste agieren mit Tücke und Täuschung anstelle von harter, ehrlicher Action – und anstelle eines Happy-Ends bleibt dem Spion nur die Einsicht in die Sinnlosigkeit seines Tuns auf den Spitzen der Berliner Mauer. Ein Meisterwerk.
4. Arabesque (1966)
Ein Sprachwissenschaftler aus Oxford wird von einem zwielichtigen Major um die Übersetzung einer uralten Schrift gebeten, und damit ist der Plot gesät: Arabische Politiker treten auf, Drogen, ein indischer Reeder, zynische Agenten und eine junge Geliebte.
So, 16.12., 15.15 Uhr.
Mi, 26.12., 20.30 Uhr.
Sa, 29.12., 15.15 Uhr.
So, 30.12., 17.30 Uhr.
Der arme Professor, gespielt von Gregory Peck, der sich damit auf ungewohnten komödiantischen Pfaden versucht, hangelt sich mit Armen und Beinen durch das Getümmel und findet am Schluss mit dem Mädchen zu einem Happy End. Eine verquirlte Handlung vor einem verschwenderisch opulent inszeniertem Hintergrund.
5. Cleopatra Jones (1973)
Der Film erschien im selben Jahr wie Roger Moores erster Bond-Einsatz in «Live And Let Die», der in Harlem und auf der fiktiven Karibikinsel San Monique spielte und – etwas hölzern – versuchte, sich die afroamerikanische Kultur einzuverleiben.
«Cleopatra Jones» ist die Anschauung, wie das hätte gelingen sollen: ein Agentinnenfilm aus der Blaxploitation-Ecke. Auch da gibt es hilflose Staatspräsidenten, Drogen und Waffen, Explosionen und Nahkampf, aber stets unter den Vorzeichen des Genres: skurrile Charaktere, häufige Kostümwechsel und Dialoge, schnell und scharf wie Rasiermesser.
6. Syriana (2005)
«Syriana» ist so verlogen, wie man sich das Geschäft als Aussenstehender in seinen tiefsten Abgründen vorzustellen hat. «It’s good to have you back, Bob», kriegt der erfahrene CIA-Agent Bob Barnes von der Zentrale zu hören, aber da befindet sich Barnes bereits auf der Verliererseite. Barnes, meisterhaft verloren gespielt von George Clooney, der ein Jahr darauf mit «The Good German» dem Agentenfilm aus der Zeit des Kalten Krieges eine geglückte Reminiszenz erwies, Barnes also protegiert in der Nachfolgeregelung einer arabischen Monarchie einen aufgeklärten, demokratischen Kandidaten, die Bosse der Zentrale hingegen unterstützen insgeheim den Gegner, einen skrupellosen Machtmenschen, der den Amerikanern jedoch den Zugriff auf die Ölreserven zusichert. Am Ende sind die Guten tot, aber der Plot dehnt sich über diesen dürren Strang auf andere Schauplätze aus – auf Koranschulen extremistischer Prägung, auf jugendliche Selbstmordattentäter und auf die Verschmelzungen der Privatwirtschaft mit den internationalen Nachrichtendiensten. Ein hoffnungsloser Abgesang auf den Agenten als edlen Ritter, der in einer multipolaren Welt unter die Räder derjenigen Mächte gerät, deren idealistischen Werten er sich jahrzehntelang verpflichtet fühlte.
7. Munich (2005)
«Munich» ist der Film, in dem Daniel Craig erstmals Erfahrungen in der Agentenrolle sammelte. Allerdings war er hier ganz konkret in die Weltpolitik eingebettet. «Munich» handelt von der palästinensischen Terroristengruppe «Schwarzen September», die an den Olympischen Spielen in München 1972 israelische Athleten als Geiseln nahmen und elf von ihnen töteten. Mit diesem Massaker beginnt der Film, seine Geschichte handelt hingegen von der Jagd danach: von fünf Mossad-Agenten, die von der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir beauftragt werden, die involvierten Palästinenser zu finden und, einen nach dem anderen, zu töten. Die Mission eskaliert zu einer Geheimdienstfehde mit arabischen Diensten, der auch Mitglieder der israelischen Truppe zum Opfer fallen, und mündet in paranoide Wahnvorstellungen des Missionsleiters Avner (Eric Bana). «Munich» ist, auch aufgrund des Nahostkonflikts als sensibles Hintergrundthema, ein äusserst kontroverser Film geworden, was ungewöhnlich für die Handschrift des Regisseurs Steven Spielberg ist. Er gehört aber zu den beispielhaften Werken des Genres, weil er Misstrauen als Grundeigenschaft eines Agenten bis in den Fall in den Verfolgungswahn weiterdenkt, vor der Kulisse des tatsächlichen Weltgeschehens.