Der 84-jährige Umweltschützer Franz Weber jubiliert: „Das ist sensationell. Ich bin stolz auf die Schweiz“. Ernüchterung hingegen bei den Gegnern der Zweitwohnungsinitiative. Sie fordern nun Ausnahmeregelungen und Sonderlösungen.
„Das ist sensationell. Ich bin stolz auf die Schweiz“. So kommentierte der Umweltschützer Franz Weber den Erfolg seiner Initiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“. Er sei sich sicher gewesen, dass die Mehrheit ihm trotz der Lügen der Gegner folge werde. „Ich spürte Volkes Seele und seinen Willen.“
Das sei ein Sieg des Guten, sagte Weber am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Man müsse an das Gute glauben. Hätten die Gegner der Initiative nicht Unwahrheiten verbreitet, wäre das Ergebnis deutlicher ausgefallen. Die Tourismusregionen gehörten zu den Gewinnern.
Der unermüdlich kämpfende Umweltschützer kündigte noch am Sonntag weitere Initiativen an. „Dies wird auf jeden Fall nicht meine letzte Initiative sein – sie war vielmehr eine von vielen, die noch kommen werden“, sagte Weber.
„Belastende Zweiteilung“
Die Gegner der Volksinitiative bedauerten den knappen Ausgang des Urnengangs. Es sei offenbar nicht gelungen, die Massnahmen, welche das revidierte Raumplanungsgesetz vorsehe, genügend bekannt zu machen, hielt das Nein-Komitee fest. Dieses setzte sich aus Politikern von SVP, FDP, CVP, GLP und BDP zusammen.
Auch die Bergkantone zeigten sich wenig erfreut: Mit der Initiative werde „die wirtschaftliche Entwicklung eines ganzen Landesteil empfindlich beeinträchtigt“, teilte die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) mit. Der Entscheid führe politisch und wirtschaftlich zu einer „belastenden Zweiteilung“ der Schweiz.
Der Präsident von Ticino Turismo, Marco Solari, bezeichnete das Resultat als „Bevormundung der Alpen- und Tourismusregionen durch die Kantone der Ebene“.
Die Tourismusbranche macht sich darüber Sorgen, wie die knapp angenommene Zweitwohnungsinitiative sinnvoll umgesetzt werden soll. „Wir waren nicht gegen die Vorlage, weil es keine Probleme gab, sondern weil sie nicht zu deren Lösung beiträgt“, sagte der Präsident des Schweizer Tourismus-Verbands (STV).
Gegner stellen Ausnahmekatalog auf
Klar ist für die Gegner, dass die Zweitwohnungsinitiative pragmatisch ausgelegt werden muss. Von den Initianten forderten sie, dass sie die im Abstimmungskampf gemachten Versprechen einhielten. So sollen etwa kommerziell genutzte Ferienwohnungen nicht unter die Quote fallen.
Ausgenommen von der Beschränkung sollen ausserdem geerbte Wohnungen, die in Zweitwohnungen umgewandelt werden sowie Zweitwohnungen von Arbeitnehmern und Personen in Ausbildung. Weiter sollen bestehende Zweitwohnungen nach wie vor als solche verkauft werden können.
„Das gehört zur Demokratie“
Erfreut zeigte sich die Grüne Nationalrätin und Stadtberner Exekutivpolitikerin Regula Rytz: „Die Initiative gibt uns ein wichtiges Instrument gegen die Zersiedelung in die Hand“, sagte sie im Schweizer Fernsehen SF. In jenen Gemeinden, wo die 20-Prozent-Quote bereits erreicht sei, müsse das revidierte Raumplanungsgesetz Lösungen bringen.
Für Pro Natura und den WWF war klar: Die Mehrheit der Kantone und der Bevölkerung hat erkannt, dass die schönsten Landschaften der Schweiz durch Zubetonierung bedroht sind. Beide Organisationen zeigten sich angenehm überrascht vom Abstimmungsresultat.