Regierungschef Jean-Claude Juncker steht in Luxemburg vor dem politischen Aus. Sozialdemokraten, Liberale und Grüne wollen nach der Parlamentswahl eine Koalition ohne Junckers Christsoziale bilden. Am Dienstag trafen sie sich zu Vorgesprächen über ein Dreier-Bündnis.
Am Montagabend hatten sie sich bereits grundsätzlich auf eine Koalition geeinigt, die im Luxemburger Parlament auf 32 von 60 Sitzen käme. Die rot-blau-grüne «Gambia»-Koalition (in Luxemburg sind die Liberalen die Blauen) würde das Ende der gut 18-jährigen Regierungszeit von Juncker bedeuten.
Das Bündnis sei «eine historische Gelegenheit», sagte der Vorsitzende der liberalen Demokratischen Partei (DP), Xavier Bettel, der als möglicher neuer Premierminister gehandelt wird. «Ich meine, dass es nicht schaden kann, wenn in Luxemburg ein frischer Wind weht.»
Junckers Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) war aus der Parlamentswahl am Sonntag mit 33,7 Prozent (2009: 38 Prozent) der Stimmen als stärkste Partei hervorgegangen. Sie bräuchte zum Regieren aber einen Partner.
Juncker reklamiert Führungsanspruch
CSV-Präsident Michel Wolter betonte, dass auch eine solide Zweier-Koalition möglich gewesen wäre. Man bedauere, dass man gar nicht mit ins Boot geholt wurde. Eine Dreierkoalition respektiere den Wählerwunsch nicht. Falls es zu dem Bündnis komme, werde man erhobenen Hauptes in die Opposition einziehen, hiess es.
Wolter sagte, das Dreier-Bündnis sei «von langer Hand präpariert worden». Er habe bereits im Wahlkampf vor einer solchen Koalition gewarnt. Dies sei aber da als «Hirngespinst» abgetan worden.
Juncker hatte nach der Wahl für seine Partei «den Führungsanspruch in diesem Land» reklamiert. Die CSV kommt auf 23 Sitze, Liberale und Sozialdemokraten haben jeweils 13 Sitze.
Historische Zäsur
Nach Ansicht des Spitzenkandidaten der LSAP, Etienne Schneider, könne das politische Trio «das Land modernisieren und dynamisieren». Erste Gespräche am Montagabend hätten gezeigt, dass eine inhaltliche Einigung möglich sei. «Wir müssen schauen, ob wir in Verhandlungen zu einem positiven Ende kommen können», sagte er.
Eine «Gambia-Koalition» würde für Luxemburg eine historische Zäsur bedeuten: Erstmals seit der sozialliberalen Regierung von 1974-1979 würde dann die stärkste Partei in der Opposition landen. Zudem wäre es das erste Mal in der Nachkriegszeit, dass Luxemburg von mehr als zwei Parteien regiert würde.
Grossherzog Henri muss entscheiden
Am Dienstag hatten alle Parteipräsidenten bei Luxemburgs Staatschef, Grossherzog Henri, vorgesprochen. Bettel schlug ihm die Dreierkoalition vor. Der Grossherzog muss nun einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen – und zwar mit Blick auf die Erfolgsaussichten.
Möglich ist auch, dass der Staatschef vor dem «Formateur» einen «Informateur» bestellt, der zunächst die politische Lage sondiert. Eine Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet.