Ein heute 23-jähriger Mann, der 2008 in Aarau als Minderjähriger eine Prostituierte ermordet hatte, beschäftigt die Aargauer Justizvollzugsbehörden weiterhin. Der psychisch schwer gestörte Täter erhält im Gefängnis nun drei Therapiesitzungen pro Woche.
Laut Bundesgericht muss eine andere Einrichtung gefunden werden. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass der Mann so rasch als möglich in einer psychiatrischen Klinik, einer anderen Einrichtung oder an einem anderen Ort untergebracht werde, wo die erforderliche Therapie gewährleistet werden könne, hielt das Bundesgericht in den Erwägungen zu seinem Entscheid vom 22. November 2013 fest.
Es gelte nicht aus den Augen zu verlieren, dass Problemfälle der vorliegenden Art auch besondere Lösungen erheischen würden, die den Rahmen dessen sprengten, was eine bestimmte Anstalt normalerweise biete.
Das Bundesgericht hiess die Beschwerde des Mannes in diesem Sinne teilweise gut, lehnte jedoch die Forderung nach einer Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung ab. Der Therapiebedarf sei ausgewiesen.
Drei Therapiesitzungen pro Woche
Das Bundesgericht wies das zuständige Familiengericht des Bezirksgerichtes Lenzburg an, das Therapieangebot für den Mann in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg auszudehnen. Konkret forderten die Richter in Lausanne, dass pro Woche drei persönlichkeits- und deliktorientierte forensische Psychotherapiesitzungen stattfinden.
Diese Forderung des Bundesgerichtes werde erfüllt, sagte Pascal Payllier, Leiter des Amtes für Justizvollzug im kantonalen Departement Volkswirtschaft und Inneres, am Mittwoch auf Anfrage. Er sprach von einem „Spezialfall“, weil der Mann zur Tatzeit minderjährig gewesen sei.
Payllier hielt fest, es gebe aus allgemeiner Sicht sicher nicht zu viele Gefängnisplätze für psychisch kranke Täter. Mitte Jahr würden in der JVA Solothurn aber 30 zusätzliche Plätze eröffnet und auch in der JVA Realta in Cazis GR entstünden rund 20 Plätze. Dann würde sich die Situation wieder neu präsentieren.
In einem Bericht der Zeitungen „Tages-Anzeigers“ und „Der Bund“ war am Mittwoch die Rede davon, dass der Mann freikommen könnte, weil die Behörden keinen geeigneten Therapieplatz für ihn fänden.
Mit dem Verweis auf das am Bezirksgericht Lenzburg, Abteilung Familiengericht, hängige Verfahren machte die Medienstelle von Gerichte Kanton Aargau keine weiteren Angaben. Der Fall werde gemäss den Erwägungen und Vorgaben des Bundesgerichtsentscheides von November 2013 bearbeitet, hiess es auf Anfrage.
Fürsorgerische Freiheitsentziehung für Mörder
Im September 2012 hatte das Bundesgericht entschieden, dass der Mann nach Verbüssung seiner Jugendstrafe nicht frei kommt. Es bestätigte die fürsorgerische Freiheitsentziehung.
2008 hatte der damals 17-jährige Schweizer in Aarau eine 40-jährige deutsche Prostituierte vergewaltigt und sie anschliessend erwürgt. Das Jugendgericht Lenzburg sprach ihn im November 2011 des Mordes schuldig und verhängte die Höchststrafe für Jugendliche von vier Jahren Freiheitsentzug.
Um die Öffentlichkeit darüber hinaus vor dem psychisch gestörten Täter zu schützen, wurde für die Zeit danach eine fürsorgerische Freiheitsentziehung (FFE) angeordnet. Das Bundesgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde des Mannes ab.
Laut den Richtern in Lausanne steht fest, dass der Betroffene wegen seiner psychischen Erkrankung in Form von sexuellem Sadismus an einem „Schwächezustand“ leidet, wie er für die Anordnung einer FFE vorausgesetzt wird. Es bestehe ein erhebliches Rückfallrisiko.
Laut Bundesgericht ist eine spätere Entlassung im Falle einer Heilung nicht von vornherein ausgeschlossen, auch wenn sich über den zeitlichen Horizont nichts genaues sagen lässt. Nach Ansicht eines Therapeuten könnte die Behandlung bis zu zwölf Jahre dauern.