Ein Föhnsturm hat der Schweiz einen milden, aber unruhigen Heiligabend beschert. Besonders heftig tobte der Sturm in der Nacht auf Weihnachten. Am Mittwoch setzte eine aus Westen kommende Kaltfront dem Föhn ein Ende.
Das Churer Rheintal erlebte dank des Föhns die wärmste Dezembernacht seit Messbeginn. In Chur sank die Temperatur in der Nacht auf Mittwoch nie tiefer als 12,4 Grad, wie MeteoSchweiz in einer ersten Zwischenbilanz mitteilte.
Trotz der milden Temperaturen dürften sich viele in die warme Stube zurückgezogen haben – fegte doch der Föhn mit Rekordgeschwindigkeiten durchs Churer Rheintal. Chur erlebte mit einer Windspitze von 110 Kilometern pro Stunde (km/h) den zweitheftigsten Föhnsturm seit Messbeginn 1981.
Auch andernorts tobte der Föhnsturm: In Meiringen BE im Haslital etwa wurden Windspitzen von 128 km/h gemessen. Und am Gütsch ob Andermatt wurde mit 208 km/h der dritthöchste Wert registriert, der je bei Föhn gemessen wurde. Im Verlaufe des Mittwochs liess eine Kaltfront den Föhn zusammenfallen.
Umgestürzte Bäume
An verschiedenen Orten liess der Föhnsturm Bäume umstürzen, Verletzte wurden jedoch nicht gemeldet. In Meiringen BE wurde ein Garagendach beschädigt, in Adelboden BE nahmen zwei Autos Schaden, wie die Berner Kantonspolizei auf Anfrage mitteilte.
Im Kanton St. Gallen wurden zwei Häuser und ein Auto beschädigt. Selbst die Kantonspolizei blieb nicht verschont, wie sie mitteilte: Der Sturm katapultierte in Gams einen Hundezwinger der Polizei aufs Trottoir – der Hund war zu der Zeit jedoch im Einsatz.
Im Kanton Uri hielten die Sturmwinde die Einsatzkräfte auf Trab. Gemäss Polizeimitteilung verursachten sie aber lediglich geringe Sachschäden und Stromunterbrüche. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden mussten etliche umgestürzte Bäume von Strassen weggeräumt werden.
Viel Arbeit hatte auch die Polizei im Fürstentum Liechtenstein: Sie registrierte über 360 Meldungen in Zusammenhang mit dem Föhnsturm, vor allem wegen umgestürzten Bäumen, wie sie am Mittwoch mitteilte.
Zug zwischen Brig und Domodossola blockiert
Pech hatten die rund 40 bis 50 Passagiere eines Interregio-Zugs, der am Mittwochvormittag von Brig ins italienische Domodossola unterwegs war. Weil der Sturm eine Fahrleitung beschädigt hatte, blieb der Zug blockiert. Da sich der Vorfall auf italienischem Gebiet ereignete, hätte eigentlich Italien intervenieren müssen, wie SBB-Sprecher Christian Ginsig sagte.
Weil dies jedoch nicht geschah, entschied die SBB rund eine Stunde nach dem Vorfall, von Brig aus einen Schweizer Lösch- und Rettungszug zu schicken, damit die Passagiere nicht noch länger im blockierten Zug ausharren mussten. Die Züge zwischen Domodossola und Brig fielen während mehreren Stunden aus.
Wegen des starken Windes musste auch die Wengernalpbahn im Berner Oberland von Grindelwald Grund und Wengen auf die Kleine Scheidegg ihren Betrieb an Weihnachten bis am frühen Nachmittag einstellen. Aufs Jungfraujoch fuhr bis Betriebsschluss keine Bahn, wie die Bahn via Railinfo mitteilte. Auch einige Bergbahnen, etwa in Meiringen-Hasliberg, stellten ihren Betrieb ein.
Viel Regen im Tessin
Verregnete Weihnachten erleben dieses Jahr die Tessiner und Tessinerinnen: Seit Dienstag regnet es im Tessin ununterbrochen. Verbreitet fielen bis Mittwochmittag laut Andreas Asch von MeteoSchweiz 50 bis 60 Liter pro Quadratmeter.
Diese Niederschläge greifen allmählich auch auf die nördlich angrenzenden Regionen über und dürften am Donnerstag noch länger anhalten, wie MeteoSchweiz schreibt. Für das Mittel- und Nordtessin, Bergell und Puschlav werden zwischen 100 und 140 Zentimeter Neuschnee erwartet.
Über Schnee freuen dürfen sich auch die Skigebiete in der restlichen Schweiz: Bis Donnerstagabend dürfte es vom Oberwallis über das östliche Berner Oberland, die Zentralschweizer Berge und Mittelbünden bis ins Oberengadin 40 bis 70 Zentimeter Neuschnee geben.
In den meisten Gebieten herrscht am Donnerstag «erhebliche Lawinengefahr», wie das Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF warnt. In einzelnen Regionen müsse gar mit der Gefahrenstufe «gross» gerechnet werden, so etwa am Alpenhauptkamm vom Simplon-Gebiet bis ins Bernina-Gebiet, im Maderanertal und in St. Moritz.
Sogar im Flachland dürfte es am Stephanstag einige Flocken geben: Die Schneefallgrenze sinkt im Norden auf 500 bis 800 Meter.