Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland hat am Freitagnachmittag das Ende und Scheitern der Gespräche mit der Wallonie verkündet. Die belgische Region Wallonie blockierte mit ihrem Veto den Abschluss des Freihandelsabkommen EU-Kanada (Ceta).
Kanada habe zusammen mit der EU-Kommission und vielen EU-Staaten «sehr hart gearbeitet», sagte die um Fassung ringende kanadische Ministerin. «Ich persönlich habe sehr hart gearbeitet.»
«Aber es scheint offensichtlich, für mich und für Kanada, dass die Europäische Union derzeit nicht in der Lage ist, ein internationales Abkommen abzuschliessen», sagte sie weiter. Auch nicht mit einem Land, das so europäische Werte vertrete, so freundlich sei und so viel Geduld bewiesen habe wie Kanada.
Freeland sagte weiter: «Wir haben entschieden, nach Hause zurückzukehren, und ich bin wirklich sehr, sehr traurig.» Das sei eine sehr emotionale Angelegenheit für sie. Und die einzige gute Sache sei, dass sie am Samstag bei ihren drei Kindern sein werde.
Die EU-Kommission geht indes nicht von einem endgültigen Scheitern der Verhandlungen um Ceta aus. Man halte den Verhandlungsstopp mit der Regionalregierung der Wallonie nicht für das Ende des Weges zur Unterzeichnung des Abkommens zwischen der EU und Kanada, hiess es aus der Brüsseler Behörde. Fünf Jahre haben die EU und Kanada verhandelt.
Zustimmung der Wallonie
Die Situation konnte derart eskalieren, weil die belgische Föderalregierung, die wie die anderen 27 EU-Staaten für das Abkommen ist, kein grünes Licht zum Handelspakt geben kann, solange die Region Wallonie ihr die Zustimmung versagt. In Belgien müssen alle Regional- und Sprachvertretungen dem Abkommen zustimmen.
Nur wenn alle EU-Staaten dem Handelspakt zustimmen, kann dieser unterzeichnet werden. Geplant war dieser Akt am kommenden Donnerstag am EU-Kanada-Gipfel.
Grund für den Widerstand aus der Wallonie ist die Furcht vor Aushöhlung der geltenden Umwelt- und Sozialstandards. Ein Streitpunkt sind auch die in dem Abkommen vorgesehenen Schiedsgerichte.
Doch auch innenpolitische Ränkespiele dürften hierbei eine Rolle gespielt haben: Denn der in der Wallonie regierende Parti Socialiste hat kein Interesse, der aus Mitte-Rechts-Parteien bestehende Föderalregierung das Leben leicht zu machen.
Lange Nachverhandlungen
Um das Abkommen zu retten, hatten die EU-Kommission und Kanada über mehrere Wochen hinweg nachverhandelt – auch wegen Bedenken Deutschlands und Österreichs. Diese konnte ausgeräumt werden, übrig blieb die Wallonie.
Am Freitagmorgen noch hatte der wallonische Regierungschef Paul Magnette direkt mit der kanadischen Handelsministerin gesprochen, um doch noch einen Kompromiss zu finden. Danach betonte er aber weiter, es gebe noch keine Lösung und plädierte dafür, den Termin für die Unterzeichnung zu verschieben, um mehr Zeit für Gespräche zu haben.
Am frühen Freitagnachmittag hatten sich der belgische Ministerpräsident Charles Michel nach dem Gipfeltreffen der 28 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel optimistisch gezeigt: «Wir sitzen noch am Verhandlungstisch, und wenn man am Tisch sitzt, dann muss man wild entschlossen sein, alles zu tun, um der Lösung eine Chance zu geben.»
Auch andere EU-Chefs gaben sich zuversichtlich. Österreichs Kanzler Christian Kern etwa verwies darauf, dass bis zum Ceta-Unterzeichnungstermin nächsten Donnerstag noch einige Tage Zeit bleiben. Und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, sie sei «optimistisch», dass bei Ceta «vielleicht noch eine Lösung gefunden» werde.
Imageverlust für EU
Der Abbruch der Gespräche zu Ceta durch Kanada bringt die EU nun in eine äusserst unangenehme Situation, denn ihre Glaubwürdigkeit als internationaler Partner steht auf dem Spiel.
Wenn Ceta nicht durchkomme, «sehe ich nicht, wie es möglich sein soll, Handelsvereinbarungen mit anderen Teilen der Welt zu haben», hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gesagt. Ähnlich äusserte sich auch am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er sei besorgt. «Es geht hier auch um den Ruf Europas.»
Die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten erhofften sich von dem Pakt mit Kanada mehr Handel und Wachstum durch den Abbau von Zöllen und durch einheitliche Standards. Befürworter gehen davon aus, dass dadurch das Bruttoinlandsprodukt in der EU um jährlich zwölf Milliarden Euro gesteigert werden könnte und neue Arbeitsplätze entstehen.