Kanada will der verfolgten religiösen Minderheit der Jesiden aus dem Nordirak eine neue Heimat bieten. Das Parlament in Ottawa verabschiedete am Dienstag (Ortszeit) einstimmig eine entsprechende Vorlage.
Diese stuft die Verfolgung der Jesiden im Herrschaftsbereich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Völkermord ein und strebt eine Ansiedlung jesidischer Flüchtlinge binnen vier Monaten in Kanada an.
Mit dem Parlamentsvotum habe Kanada gezeigt, «dass es ein offenes Land ist, dass immer bereit ist, Menschen in Not überall auf der Welt zur Hilfe zu kommen», sagte Premierminister Justin Trudeau. Die Regierung arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an einem Plan für eine Luftbrücke, um Jesiden nach Kanada zu bringen. Wie viele von ihnen letztlich in Kanada angesiedelt werden, war zunächst unklar.
Massgeblich beteiligt an der Vorbereitung des Parlamentsvotums war die jesidische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad, die der Plenarsitzung in Ottawa beiwohnte. Sie dankte dem Parlament und wertete das Votum als wichtiges Signal: «Niemals hätte der IS sich vorstellen können, dass seine Sklaven eines Tages in die Öffentlichkeit treten und ihm widersprechen.»
Flucht aus Mossul
Die 23-Jährige gehört der religiösen Minderheit der Jesiden an, die von der IS-Miliz als «Teufelsanbeter» verfolgt werden. Murad war im August 2014 in ihrem Dorf im Nordirak von IS-Kämpfern entführt worden. Sie wurde nach Mossul gebracht und wiederholt vergewaltigt, bis ihr nach drei Monaten die Flucht nach Deutschland gelang.
Seither macht sie auf das Schicksal der Jesiden aufmerksam – seit September als UNO-Sonderbotschafterin für die Würde der Opfer von Menschenhandel. Sie ist auch im Rennen für den diesjährigen Sacharow-Preis des Europaparlaments. Vor wenigen Wochen erhielt sie den Vaclav-Havel-Preis des Europarats.