Im Kanton Neuenburg erhalten die Arbeitnehmenden in sämtlichen Wirtschaftsbereichen künftig das Recht auf einen Mindestlohn. Die Neuenburger Stimmberechtigten haben am Sonntag der Verankerung dieses Anliegens in der Verfassung mit 54,64 Prozent Ja zugestimmt.
Weder die Argumente der mehrheitlich bürgerlichen Regierung noch diejenigen der Arbeitgeber haben die Neuenburger Stimmberechtigten überzeugt: Sie sprachen sich mit 24’634 Ja zu 20’439 Nein Stimmen für die Vorlage zur Einführung eines Mindestlohns aus. Die Stimmbeteiligung lag bei 34,7 Prozent.
Das Abstimmungsresultat bedeutet, dass nun in der Kantonsverfassung das Recht auf einen Mindestlohn verankert wird. Die Abstimmungsvorlage ging auf eine parlamentarische Initiative von Kantonsrätin Marianne Ebel der Links-Aussenpartei solidaritéS zurück.
Die Vorlage fixierte keinen konkreten Betrag. Die Neuenburger Regierung muss jetzt ein Ausführungsgesetz ausarbeiten und einen Mindestlohn festschreiben.
Das Abstimmungsresultat ist ein grosser Erfolg für die Linke. Ihr Ziel ist es, mit dem Mindestlohn ein menschenwürdiges Leben zu sichern sowie Lohndumping und das Phänomen der „Working Poor“ zu bekämpfen. Die Linke schätzt, dass im Kanton Neuenburg rund zehn Prozent der Arbeitnehmer weniger als 4000 Franken brutto verdienen. Ein Teil von ihnen war bisher auf Sozialhilfe angewiesen.
Die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber befürchteten hingegen Wettbewerbsnachteile und warnten vor einer allgemeinen Nivellierung des Lohnniveaus.
Waadt und Genf lehnten Mindestlohn ab
Neuenburg ist der erste Kanton, der einen Mindestlohn einführt. Die Genfer Stimmberechtigten haben am Sonntag die Verankerung eines Mindestlohns in der Verfassung mit 54,2 Prozent Nein zu 45,8 Prozent Ja abgelehnt.
Als erster Kanton der Schweiz hatte sich die Waadt in diesem Frühling mit der Frage eines staatlich garantierten Mindestlohns auseinandergesetzt. Die entsprechende Initiative wurde mit 51,1 Prozent Nein zu 48,9 Prozent Ja relativ knapp verworfen.