Nach dem Gripen-Debakel sollen neue Kampfjets über das Armeebudget beschafft werden. Damit wäre ein Referendum ausgeschlossen. Dies empfiehlt die Expertengruppe des Bundes. Je nach Variante würde der Kauf zwischen vier und 14 Milliarden Franken kosten.
Eigentlich hätten schon ab nächstem Jahr Kampfjets des schwedischen Herstellers Saab am Schweizer Himmel kreisen sollen. Insgesamt sollten 22 Flugzeuge für 3,1 Milliarden Franken beschafft werden. Am 18. Mai 2014 lehnten aber 53,4 Prozent der Stimmenden den Kauf an der Urne ab.
Im vergangenen Jahr nahm der Bundesrat einen neuen Anlauf zum Kauf von Kampfjets und zog Lehren aus dem Gripen-Debakel. Er setzte eine Expertengruppe mit Vertretern von Armee, armasuisse und dem Verteidigungsdepartement (VBS) ein, um grundlegende Fragen einer Beschaffung zu klären. Mit der Schaffung einer Begleitgruppe wollte er die Bundesratsparteien besser einbeziehen.
BODLUV wieder auf Tapet
Die Expertengruppe Neue Kampfflugzeuge und die Begleitgruppe haben nun am Dienstag ihre Empfehlungen den Medien präsentiert, die in den Grundzügen bereits in der Sonntagspresse durchgesickert waren. Grundsätzlich erachten sie den Kauf neuer Kampfjets als dringend, weil die Schweiz sonst alle Fähigkeiten verlieren würde, um ihren Luftraum eigenständig zu schützen.
Parallell zur Beschaffung neuer Flugzeuge müsste deshalb auch ein System für die bodengestützte Luftverteidigung evaluiert werden, heisst es im Bericht. Nach der Sistierung des BODLUV-Projekts empfiehlt die Expertengruppe aber zuerst eine Marktanalyse durchzuführen. Als Herausforderung sieht sie, dass nun beide Grossprojekte nicht wie ursprünglich gestaffelt sondern im selben Zeitraum im politischen Prozess sind.
Knacknuss Volksabstimmung
Konkret schlägt die Expertengruppe vier Varianten vor: Zur Diskussion steht die Beschaffung von 20 bis 70 Flugzeugen. Kostenpunkt: zwischen vier und 14 Milliarden Franken. Anders als beim Gripen, der über einen Fonds hätte beschafft werden sollen, empfiehlt die Expertengruppe die Finanzierung über das ordentliche Armeebudget. Alle anderen Finanzierungsmodellen hätten wirtschaftliche, finanzpolitische und nicht zuletzt sicherheitspolitische Nachteile, heisst es in ihrem Bericht.
Zwar teilt die Begleitgruppe die Auffassung, dass eine Sonderfinanzierung nicht empfehlenswert ist. Uneinig ist sie sich aber in der Frage, ob das Volk das letzte Wort haben soll. Eine Mehrheit befürwortet eine ordentliche Beschaffung, wie die Begleitgruppe in ihren Empfehlungen schreibt. Damit wäre ein Referendum ausgeschlossen. Für Gegner bliebe nur die Möglichkeit, eine Initiative zu lancieren.
F/A-18 im Notfall noch länger in Betrieb
Die teuerste Variante in der Höhe von 15 bis 18 Milliarden Franken sieht den Kauf von 55 bis 70 Kampfjets sowie Systeme der bodengestützten Luftverteidigung (BODLUV) grösserer und kleinerer Reichweite vor. Damit könnten aus Sicht der Expertengruppe die Durchhaltefähigkeit im Falle längeren Spannungen die Kampfkraft der Luftwaffe am umfassendsten erfüllt werden.
Für neun Milliarden Franken könnte die Schweiz 40 Flugzeuge und ein BODLUV-System grösserer Reichweite beschaffen. Mit letzterem liesse sich in etwa die Fläche des Mittellands abdecken. Objekte und eingesetzte Kampfverbände wären aber nur beschränkt geschützt.
Die dritte Variante sieht den Kauf von 30 Flugzeugen und ein umfangreicheres BODLUV-System als Variante 2 vor. Ein Nachteil wäre aus Sicht der Expertengruppe aber die begrenzte Durchhaltefähigkeit von einigen wenigen Wochen bei der Wahrung der Lufthoheit. Diese Variante erhielt in der Begleitgruppe die grösste Zustimmung. Drei von vier Bundesratsparteien befürworteten sie.
Als minimale Variante erachten die Experten den Kauf von 20 Flugzeugen und einem BODLUV-System analog zur Variante 2 für insgesamt fünf Milliarden Franken. Dabei müsste das Ende der Nutzungsdauer der F/A-18 zusätzlich hinausgezögert werden. Damit stünden zumindest bis Anfang 2030 rund 50 Kampfflugzeuge zur Verfügung, um die Lufthoheit zu wahren.
Drohnen keine Alternative
Die Expertengruppen hat auch Alternativen zum Kauf neuer Kampfjets geprüft. Keine Option in absehbarer Zukunft sind aus ihrer Sicht unbemannte Kampfflugzeuge wie Drohnen. Die Experten sprechen sich auch gegen eine kleine Flugzeugflotte aus, im Gegenzug für eine erhebliche Ausdehnung der internationalen Kooperation. Diese Vorstellung sei «illusorisch».
Nach gegenwärtiger Planung soll 2020 der Typenentscheid für ein neues Kampfflugzeug fallen und 2022 der Beschaffungskredit im Parlament beantragt werden. Ab 2025 sollen die neuen Flugzeuge geliefert werden.