Nach tagelangen Verzögerungen bei der Auszählung ist Kenias Vizeregierungschef Uhuru Kenyatta zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden. Er setzte sich deutlich gegen seinen schärfsten Kontrahenten Raila Odinga durch.
Das Wahlergebnis stellt Kenia allerdings vor grosse Herausforderungen, denn Kenyatta ist vom Weltstrafgericht in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Im Juli wird das Verfahren eröffnet.
Der 51-Jährige wird nach der offiziellen Amtseinführung am 26. März der vierte und jüngste Präsident des Landes sein. Er erhielt knapp 6,2 Millionen oder 50,07 Prozent der Stimmen und knackte damit die erforderliche 50-Prozent-Hürde nur ganz knapp. Ministerpräsident Odinga kam auf 43,2 Prozent Die übrigen Bewerber lagen weit abgeschlagen zurück.
Odinga kündigte an, dass er keine Niederlage einräumen werde, da die Wahl gefälscht worden sei. Es habe bei dem Urnengang „massive Wahlfälschung“ gegeben, sagte er nach Bekanntgabe des Endergebnisses in Nairobi. Sein Lager habe „viele Unregelmässigkeiten im Auszählungsprozess“ festgestellt, er werde deshalb „in Kürze“ Klage gegen das Ergebnis einreichen.
„Es gibt keinen Sieg ohne Verlierer“, sagte der Vorsitzende der Wahlkommission, Ahmed Isaack Hassan, bei der Verkündigung des Resultats und rief die Bevölkerung auf, das Wahlergebnis friedlich zu akzeptieren. Fast 86 Prozent der knapp 15 Millionen registrierten Wähler waren zu den Urnen gegangen – so viele wie nie zuvor.
Jubel und Wut
In den Kenyatta-Hochburgen brachen die Menschen in Jubel aus und hüllten sich in Rot – die offizielle Farbe seiner Partei. Ein Sprecher seiner Jubilee-Koalition erklärte, Kenyatta sei „stolz und geehrt“, dass das kenianische Volk ihm sein Vertrauen ausgesprochen habe.
Unterstützer von Odinga zeigten sich hingegen zerknirscht und wütend. Odinga, der zum dritten Mal bei einer Wahl zum Staatschef scheiterte, rief zur Zurückhaltung auf. „Jegliche Gewalt würde jetzt das Land für immer zerstören“, sagte Odinga vor Journalisten. „Und das wäre in niemandes Interesse.“
Blutige Unruhen
Nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2007 hatten sich sowohl Odinga als auch der jetzt aus dem Amt scheidende und damals von Kenyatta unterstützte Mwai Kibaki zum Staatschef erklärt. Bei der danach einsetzenden, auch ethnisch motivierten Gewalt wurden mehr als 1100 Menschen getötet, Hunderttausende wurden in die Flucht getrieben.
Die Gewalt untergrub Kenias Ruf als stabile Demokratie. Unter internationalem Druck einigten sich Odinga und Kibaki schliesslich auf eine Machtteilung: Kibaki blieb Präsident, Odinga wurde Regierungschef mit erweiterten Befugnissen.
Anklage vor ICC
Kenyatta, einer der reichsten Männer Afrikas, ist wegen seiner Rolle bei den Unruhen von 2007 vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag wegen der Planung von Morden, Vergewaltigungen und Vertreibungen angeklagt.
Der Sohn von Jomo Kenyatta, dem legendären ersten Präsidenten Kenias nach der Unabhängigkeit von Grossbritannien 1963, beteuert seine Unschuld. Zusammen mit Kenyatta ist auch sein Kandidat für die Vizepräsidentschaft, der ehemalige Bildungsminister William Ruto, vor dem Haager Gericht angeklagt.
EU begrüsst „weitgehend friedliche“ Wahlen
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton gratulierte dem kenianischen Volk zu „weitgehend friedlichen Wahlen“. „Mit diesen Wahlen wird ein wichtiger Schritt getan zur Verwirklichung des Versprechens einer neuen Verfassung“, teilte Ashton am Samstag im Namen der EU in Brüssel mit.
Mit Blick auf angebliche Ungereimtheiten bei den Wahlen appellierte Ashton an alle Parteien, den Frieden zu wahren und das Ergebnis der Untersuchungen abzuwarten.