Kiew und Rebellen machen sich für Flugzeugabsturz verantwortlich

Ein malaysisches Passagierflugzeug mit 295 Menschen an Bord ist im Osten der Ukraine abgestürzt. Die Trümmer des Flugzeuges liegen mitten im Kampfgebiet. Regierungstruppen und prorussische Separatisten beschuldigen sich gegenseitig, den Jet abgeschossen zu haben.

Fahrzeuge der Feuerwehr treffen an der Absturzstelle ein (Bild: sda)

Ein malaysisches Passagierflugzeug mit 295 Menschen an Bord ist im Osten der Ukraine abgestürzt. Die Trümmer des Flugzeuges liegen mitten im Kampfgebiet. Regierungstruppen und prorussische Separatisten beschuldigen sich gegenseitig, den Jet abgeschossen zu haben.

An der Absturzstelle in der Nähe von Donezk gab es keine Überlebenden. Präsident Petro Poroschenko beschuldigte die Rebellen eines «Terrorakts».

Poroschenko schloss einen Unfall ebenso aus wie eine Verantwortung der ukrainischen Streitkräfte, die keine Schüsse auf Ziele in der Luft abgegeben hätten. Die Separatisten beriefen sich ihrerseits auf angebliche Augenzeugenberichte, denen zufolge ein Kampfjet der ukrainischen Luftwaffe die Boeing 777 angegriffen habe. Diese sei anschliessend in zwei Teile zerbrochen und der Kampfjet abgeschossen worden, erklärte die selbsternannte Regierung der «Volksrepublik Lugansk».

Augenzeugen sagten, sie hätten die Maschine in der Luft explodieren sehen. Die ukrainische Luftverkehrsbehörde gab an, dass Flug MH017 bis zum Verschwinden vom Radar «ohne Probleme» die Ukraine überquert habe und auch keine Unregelmässigkeiten von der Crew gemeldet worden seien.

Die Hauptabsturzstelle lag beim Dorf Grabowe in der Region Donezk, wo sich die Separatisten seit Wochen Kämpfe mit den Regierungstruppen liefern. Dort bot sich ein Bild des Grauens aus weit verstreuten Leichen- und Trümmerteilen. Malaysia Airlines zufolge waren 280 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder an Bord der Boeing.

Viele Niederländer unter den Opfern

Nach offiziellen Angaben befanden sich mehrere Niederländer, möglicherweise Dutzende US-Amerikaner und vier Franzosen an Bord. Am Amsterdamer Flughafen Schiphol versammelten sich verzweifelte Angehörige von Passagieren. Erkenntnisse über Schweizer Opfer lagen dem Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zunächst nicht vor.

Poroschenko sprach vom «dritten tragischen Fall in den vergangenen Tagen», nachdem zuvor bereits ein Kampfjet und eine Transportmaschine des ukrainischen Militärs «von russischem Staatsgebiet aus» abgeschossen worden seien. Er versprach den Hinterbliebenen, «die Verantwortlichen hinter dieser Tragödie zur Rechenschaft zu ziehen».

Separatistenführer Igor Strelkow schrieb auf der Facebook-Seite der «Volksrepublik Donezk», dass seine Gefolgsleute eine Transportmaschine des ukrainischen Militärs vom Typ AN-26 abgeschossen hätten. Von ihm veröffentlichte Videoaufnahmen ähnelten jedoch den Bildern vom Absturzort der Boeing 777. Auch der von Strelkow genannte Absturzort liegt in derselben Gegend.

Mehrere Fluggesellschaften – darunter Swiss und Lufthansa – kündigten an, die Ukraine vorerst nicht mehr zu überfliegen.

Aufklärung gefordert

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte äusserte sich «zutiefst schockiert» über den Vorfall und brach eine Auslandsreise ab. Der Flugzeugabsturz war auch Thema eines Gesprächs zwischen Staatschef Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama, das sich eigentlich um die neuen Sanktionen des Westens gegen Moskau drehen sollte. Obamas Vize Joe Biden bot Poroschenko in einem Telefonat Aufklärungshilfe durch US-Experten an.

Die Europäische Union und die NATO verlangten von den Konfliktparteien in der Ostukraine, dass diese internationalen Ermittlern Zugang zur Absturzstelle geben müssten. Die Separatisten erklärten sich am Abend zu einer kurzen Feuerpause bereit, damit die Toten geborgen werden könnten. Die Separatisten berichteten zudem, sie hätten den Flugschreiber der Boeing gefunden.

Auch der malaysische Ministerpräsident Najib Razak kündigte eine Untersuchung an. Das nach wie vor rätselhafte Verschwinden von Flug MH370, von dem seit März jede Spur fehlt, hatte seine Regierung massiv Vertrauen in der eigenen Bevölkerung gekostet.

Nächster Artikel