Zum ersten Mal hat sich der Beschuldigte im Mordprozess vor dem Bezirksgericht Pfäffikon ZH bei den Familien seiner zwei Opfer entschuldigt. Mit seinem Schlusswort wurde am Freitag die mehrtägige Verhandlung abgeschlossen. Das Urteil wird in einer Woche eröffnet.
«Es tut mir wirklich sehr leid», sagte der Kosovare, der am 15. August 2011 mitten in Pfäffikon nicht nur seine 52-jährige Frau, sondern auch die 48-jährige Leiterin des örtlichen Sozialamts mit gezielten Kopfschüssen tötete.
Die Sozialamts-Leiterin hinterliess zwei erwachsene Kinder und einen Lebenspartner. Hinterbliebene der getöteten Ehefrau sind die sechs erwachsenen, gemeinsamen Kinder. Die Entschuldigung kam zum letztmöglichen Zeitpunkt, um sich allenfalls noch positiv auf das Urteil auswirken zu können.
In seinem Plädoyer am Vormittag hatte der Anwalt der Kinder, Patrick Imbach, moniert, der Vater habe sich noch nie entschuldigt. Im Gegenteil – er habe ihnen vielmehr Mitschuld am Tod ihrer Mutter gegeben, weil sie die Frau nicht davon abgehalten hätten, den gewalttätigen Vater zu verlassen. Für seine Worte erhob sich der Kosovare zittrig, und er sprach mit leiser Stimme.
Vor Gericht ein gebrochener Mann
Ihm sei es gelungen, vor Gericht einen gebrochenen Eindruck von sich zu vermitteln, sagte der Anwalt der Kinder. Zum Tatzeitpunkt sei das ganz anders gewesen.
Staatsanwalt Roland Geisseler forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen mehrfachen Mordes und anderer Delikte. Verteidiger Thomas Fingerhuth plädierte auf eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung. Das angemessene Strafmass festzulegen überlässt er jedoch dem Gericht.
Der heute 60-Jährige hatte sich in seiner Familie jahrelang als despotischer Patriarch aufgeführt. Er sah sich laut dem psychiatrischen Gutachten als «Mass aller Dinge» und pochte mit allen Mitteln auf die Einhaltung seiner Regeln.
Als die Ehefrau dies – kaum waren alle Kinder volljährig – nicht mehr hinnehmen wollte, ihn aus der Wohnung weisen liess und die Scheidung anstrebte, musste sie sterben, so die Anklage.
Die Sozialdienstchefin habe der Beschuldigte getötet, weil sie sich «dem Gesetz verpflichtet fühlte». Sie hatte dem gesundheitlich angeschlagenen Mann seiner Meinung nach zu wenig Unterstützungsgeld gewährt – und sie hatte erst noch die Ehefrau in ihren Scheidungsabsichten unterstützt.
«Zielstrebig, gefühlskalt, entschlossen»
Laut Staatsanwalt Geisseler ist der Mann bei den Tötungsdelikten zielstrebig, gefühlskalt und entschlossen vorgegangen. Sein Verschulden wiege «ausserordentlich schwer». Der IV-Rentner habe schon länger die Idee gehabt die Sozialdienstangestellte zu töten.
Gemäss psychiatrischem Gutachter ist er voll schuldfähig. Das Gutachten hatte den Mann als herrschsüchtig, rigide und aufbrausend beschrieben. Er hätte aber durchaus die Möglichkeit gehabt, seine Probleme anders zu lösen.
Dem widersprach Verteidiger Fingerhuth. Das «Repertoire» seines Mandanten zur Problemlösung sei eben gerade sehr beschränkt. Er nehme «keine Grautöne» wahr, sondern teile die Welt in Schwarz und Weiss ein. Die Taten seien nicht von langer Hand geplant gewesen. Auch die für Mord vorausgesetzte besondere Skrupellosigkeit und Kaltblütigkeit stellte er in Abrede.
Kinder wollen «in Ruhe gelassen werden»
Seinen Antrag, aufgrund formaler Mängel ein neues Gutachten einzuholen, lehnte das Gericht umgehend ab. Einen entsprechenden Antrag hatte Fingerhuth schon zu Beginn der Hauptverhandlung gestellt.
Der IV-Rentner akzeptiert die Genugtuungsforderungen seiner sechs Kinder. Diese belaufen sich laut Anwalt auf je 35’000 Franken. Den Kindern sei es vor allem wichtig, von ihrem Vater «möglichst lange in Ruhe gelassen» zu werden. Aus ihrer Sicht verdiene er «die Höchststrafe».