Klybeck Mitte: Aufschwung mit staatlicher Hilfe

Die Gross-Siedlung Klybeck Mitte bekommt einen neuen Kinderspielplatz. Das ist das augenfälligste Resultat eines staatlich unterstützen Projekts zur Aufwertung der Wohnüberbauung, die mit Problemen zu kämpfen hatte. In der Mitte der Rasenfläche steht eine Kuppelkonstruktion nach dem Modell von R. Buckmister Fuller. Rund herum warten zahlreiche Kinder darauf, dass das Buffet mit Leckereien, die von […]

Aufbruchstimmung in der Gross-Siedlung Klybeck Mitte

Die Gross-Siedlung Klybeck Mitte bekommt einen neuen Kinderspielplatz. Das ist das augenfälligste Resultat eines staatlich unterstützen Projekts zur Aufwertung der Wohnüberbauung, die mit Problemen zu kämpfen hatte.

In der Mitte der Rasenfläche steht eine Kuppelkonstruktion nach dem Modell von R. Buckmister Fuller. Rund herum warten zahlreiche Kinder darauf, dass das Buffet mit Leckereien, die von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Gross-Siedlung Klybeck Mitte zubereitet worden sind, eröffnet wird. Und nebenan wird der Blick frei auf den neuen schmucken Kinderspielplatz, der aktuell den letzten Schliff erhält und am 28. Mai offiziell eröffnet wird.

«Der neue Spielplatz ist toll», sagt einer der erwachsenen Siedlungsbewohner. Der 32-jährige Vater hat diesen Platz noch ganz anders erlebt. Verlottert, mit festgetretener Erde, aus der kaum mehr ein Grashalm spross und mit Betonröhren als Spielgeräte. Er wohne bereits seit 20 Jahren hier, erklärt er. «Das ist mein Zuhause, ich könnte mir nicht vorstellen, woanders zu wohnen.» Dies obschon die Plattenbausiedlung mit vier grossen Blöcken auf den ersten Blick nicht gerade dem zeitgemässen Ideal des urbanen Wohnens entspricht. «Es ist viel geschehen hier», sagt er, «der Kanton Basel-Stadt tut viel für seine Einwohner.»

Pionierprojekt zur Aufwertung einer Gross-Siedlung

In der Gross-Siedlung Klybeck Mitte findet ein Aktionstag statt, der unter dem Motto «Gemeinsam ans Ziel» steht. Zu Gast sind die unterschiedlichsten Organisationen, vom Amt für Umwelt und Energie über die Fachgruppe Gemeinwesenarbeit Klybeck, die Robi-Spiel-Aktionen bis hin zum Quartiertreffpunkt Kleinhüningen. Verantwortlich für den Aktionstag zeichnet das Stadtentwicklungsbüro Courvoisier und als Unterstützer ist die Abteilung Jugend- und Familienförderung des Basler Erziehungsdepartements aufgeführt.

Dieser Aktionstag ist eine kurze aktuelle Momentaufnahme von vielen Massnahmen, die das Büro Courvoisier und die Abteilung Jugend- und Familienförderung in den vergangenen drei Jahren initiiert haben mit dem Ziel, die Gross-Siedlung Klybeck Mitte, die sich übrigens gar nicht im staatlichen Besitz befindet, sondern mehrere private Eigentümer vereinigt,  aufzuwerten. Auch der Name Klybeck Mitte ist keine historische Bezeichnung, sondern eine Erfindung der genannten Aufwertungsprojekt-Verantwortlichen mit dem Ziel, dem Ort eine eigene Identität zu verleihen.

900 Menschen auf engstem Raum

Ausgangspunkt des Engagements des Kantons war 2011 ein Bericht des in der Siedlung untergebrachten Kindergartens über andauernde Konflikte mit der Nachbarschaft und (kleinere) Vandalenakte von Jugendlichen aus dem Quartier. Für das verantwortliche Erziehungsdepartement wurde schnell klar, dass sich die Probleme in diesem «sozialen Brennpunkt» nicht alleine auf den Kindergarten fokussierten, und dass somit im grösseren Umfang «Handlungsbedarf» herrschte, wie Isabel Fricker von der Abteilung Jugend- und Familienförderung im Basler Erziehungsdepartement an einer Medienkonferenz sagte.



900 Menschen leben in den vier Blocks der Siedlung Klybeck Mitte

900 Menschen leben in den vier Blocks der Siedlung Klybeck Mitte (Bild: Google Maps)

Die hohe Wohndichte, der grosse Anteil der Wohnungen ist an Migrantinnen und Migranten vermietet und damit auch an Menschen aus unterer Einkommensschichten, ist tatsächlich Nährboden für Konflikte. Konkret bedeutet das in Zahlen: In den in vier Blocks zusammengefassten 18 Häusern im Viereck Gärtner-, Holder-, Klybeck- und Inselstrasse leben über 900 Menschen in rund 250 Wohnungen – das entspricht einer Wohndichte von 700 Personen pro Hektare (fast zehnmal mehr als auf dem Bruderholz), gepaart mit einer hohen Fluktuation der Mieterschaft. Gut ein Viertel von ihnen sind unter 16 Jahre alt, der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer liegt mit 70 Prozent weit über dem Durchschnitt des Quartiers (50 Prozent) und erst recht der gesamten Stadt (35 Prozent). Und auch die Sozialhilfequote liegt mit 11 Prozent weit über derjenigen der ganzen Stadt Basel (5 Prozent).

Zusammen mit der Bewohnerschaft

Das Erziehungsdepartement beauftragte das Stadtentwicklungsbüro Courvoisier mit der Evaluation und Durchführung eines Massnahmenplans zur Aufwertung der Siedlung. Vordringlichstes Ziel war die Förderung der Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Bewohnerschaft. Das ursprünglich auf ein Jahr befristete Projekt wurde schliesslich mehrmals verlängert – aktuell bis Ende 2014. Und die Resultate können sich bis auf die leidige und schwer zu beantwortende Frage der Nachhaltigkeit sehen lassen, wie ein Evaluationsbericht des Büros Interface ergab.

Die Projektverantwortliche vom Büro Courvoisier, Billie Grether, hatte sich tatsächlich ins Zeug gelegt: Auf rund 50 Interviews und 250 weitere Kontakte mit Bewohnerinnen und Bewohnern folgte ein ganzer Katalog von Massnahmen – von Aktionstagen über kulturelle Initiativen und Pflanzaktionen bis hin zur Neugestaltung des heruntergekommenen Spielplatzes, wofür natürlich auch die Eigentümer der Liegenschaften mit an Bord geholt werden mussten. «Als besonders brennend hat sich das Problem mit dem illegalen Deponieren des Abfalls herausgestellt», sagte Grether. Die Abwarte bestätigten mittlerweile, dass die Sauberkeit markant zugenommen habe, sagte der Leiter des Stadtentwicklungsbüros Andreas Courvoisier an der Medienorientierung.

Frage der Nachhaltigkeit

Die meisten der zahlreichen Aktionen sind den Projektverantwortlichen in bester Erinnerung. Nun aber stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Initiative sein kann, wenn die Projektverantwortlichen, die bislang stets als Animateure gewirkt haben, ab Ende Jahr nicht mehr vor Ort sein werden. Billie Grether gab zu, dass man noch nicht davon ausgehen könne, dass die Bewohnerinnen und Bewohner von sich aus entsprechende Aktionen anstossen: «Es ist nicht einfach, Bewohnerinnen und Bewohner einer solch grossen Siedlung dazu zu bewegen, sich in einem Verein zusammenzuschliessen.»

Marc Flückiger, der Leiter der Abteilung Jugend- und Familienförderung, sagte dazu, dass man mit der Abteilung Kantons- und Stadtentwicklung im Präsidialdepartement und dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel Gespräche führe mit dem Ziel, dass sich auch nach dem Rückzug des Erziehungsdepartements mit Einbezug der bereits involvierten sozialen Organisationen weitere Projekte zur Stärkung des Zusammenhalts koordinieren lassen werden.

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