Bulgarien wird künftig von einer Koalition aus Konservativen und Nationalisten regiert. Ministerpräsident ist wieder Boiko Borissow. Der 57-jährige tritt seine dritte Amtszeit seit 2009 an.
Knapp sechs Wochen nach der vorgezogenen Parlamentswahl ging der konservative Wahlsieger GERB mit dem nationalistischen Bündnis Vereinigte Patrioten ein Bündnis ein, um eine weitere Neuwahl zu vermeiden.
«Die Bulgaren brauchen Sicherheit und Vertrauen in ihre staatlichen Institutionen», sagte Borissow am Donnerstag im Parlament. Eine grosse Herausforderung für die neue Regierung ist die Sicherung der bulgarischen EU-Aussengrenze zur Türkei.
Für die Koalition stimmten 133 Parlamentarier. 101 Volksvertreter der Opposition aus Sozialisten und der liberalen Türkenpartei DPS lehnten sie ab. «Die GERB lässt zum zweiten Mal Nationalisten an die Macht, ohne dass dies notwendig ist», kritisierte DPS-Chef Mustafa Karadayi.
Die bulgarischen Nationalisten streben im Gegensatz zu ähnlichen Parteien in anderen EU-Staaten keinen Austritt des Landes aus der EU an. Sie hatten auch Borissows Ende 2016 zurückgetretene Regierung unterstützt, ohne direkt beteiligt zu sein.
In dem Koalitionsabkommen der GERB mit den Nationalisten wird Bulgariens Mitgliedschaft in der EU und in der NATO bekräftigt. Die Regierung solle aber in der vierjährigen Amtszeit die «nationalen Interessen verteidigen».
«Bulgarien über alles»
«Bulgarien über alles» lautete auch der Leitsatz bei den Regierungsgesprächen, wobei die GERB dieses Wahlmotto der Nationalisten übernommen hatte. Der Nationalist Krassimir Karakatschanow (WMRO) erhielt das Amt des Verteidigungsministers. Der Historiker und einstige Mitarbeiter der kommunistischen Staatssicherheit DS ist zugleich Vizeregierungschef.
Neue Aussenministerin ist die überzeugte Europäerin und frühere Justizministerin Ekaterina Sachariewa (GERB). Als Vizeregierungschefin wird sie für die Justizreform mit effektiverer Korruptionsbekämpfung zuständig sein, die Brüssel seit Jahren fordert.
Die neue Regierung der GERB mit der drittstärksten Fraktion der Nationalisten hat mit 122 der insgesamt 240 Sitze im Parlament eine knappe Mehrheit. Auch die kleinste Fraktion, der populistische Wolja (Wille, 12 Sitze), will die Regierung zumindest zu Beginn der Amtszeit unterstützen. Die zweitstärkste Partei der Sozialisten (80 Sitze) lehnte eine grosse Koalition nach deutschem Modell ab.
Mindestens eineinhalb Jahre
Politologen geben dem Kabinett eine Lebensdauer von mindestens eineinhalb Jahren, so dass Bulgarien seinen EU-Ratsvorsitz in der ersten Jahreshälfte 2018 ohne Regierungskrise beenden könnte.
Auf dem Programm der neuen Regierung steht auch die Erhöhung der staatlichen Mindestrente sowie der Löhne und Gehälter. Vorrangige Aufgabe wird es aber sein, den neuen EU-Kommissar zu nominieren. Bulgariens Platz bei der EU-Kommission ist seit Anfang 2017 nicht besetzt, nachdem Kristalina Georgiewa zur Weltbank gewechselt war.