In grösseren Schweizer Städten wird mehr Kokain konsumiert als in europäischen. Dies zeigt eine in 42 Städten durchgeführte Abwasserstudie. Basel, Genf, St. Gallen und Zürich liegen weit vorne, Bern im Mittelfeld. Die Spitze halten Antwerpen und Amsterdam.
Zum dritten Mal wurden 2013 in europäischen Städten Abwasserproben auf Spuren von Drogen analysiert, wie das Wasserforschungsinstitut Eawag heute mitteilte. Während einer Woche wurde das Abwasser von rund 1,4 Millionen Personen in fünf Schweizer Städten auf Kokain, Amphetamine, Chrystal Meth, und Ecstasy untersucht.
Vor allem beim Kokain liegen die Schweizer Städte, wo die Daten 2012 und 2013 erhoben wurden, weit vorne: Zürich kam während der untersuchten Woche hinter Antwerpen (Belgien) und Amsterdam (Niederlande) auf Rang 3. Berücksichtige man die Reinheit der Drogen und den Stoffwechsel, seien in Zürich täglich rund 1,6 Kilogramm Kokain konsumiert worden, schrieb die Eawag.
Über dem europäischen Mittel lagen auch Basel (Rang 9), Genf (10), und St. Gallen (12). Bern kam auf dem 15. Rang. Die Resultate wurden am Dienstag im Fachjournal «Addiction» veröffentlicht. Laut den Autoren sei noch offen, ob die in der Schweiz vergleichsweise hohe Reinheit des Kokains, ein höherer pro Kopf Konsum oder eine grössere Zahl von Konsumenten diese Abwasserbefunde erklären.
Weniger Designerdrogen
Hingegen lagen die Werte für die Designer Droge Chrystal Meth in allen Schweizer Städten deutlich unter dem Mittel. Spitzenreiter waren hier die tschechischen Städte Prag und Budweis sowie Norwegens Hauptstadt Oslo.
Beim Ecstasy kamen Zürich (Rang 5), St. Gallen (8) und Bern (10) ebenfalls über dem europäischen Durchschnitt zu liegen, Basel (14) und Genf (17) knapp darunter. Die niederländischen Städte Eindhoven, Utrecht und Amsterdam lagen hier mit Abstand an der Spitze.
Neue Drogen in Europa auf dem Vormarsch
Neben den klassischen und bekannten Drogen sind auch neue synthetische Drogen in Europa auf dem Vormarsch. Im vergangenen Jahr wurden in den Ländern der Europäischen Union 81 bis dahin unbekannte, künstlich hergestellte Rauschmittel entdeckt.
Das seien acht mehr als im bisherigen Rekordjahr 2012, teilte die EU-Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) in ihrem ebenfalls heute in Lissabon veröffentlichten Jahresbericht mit.
Die Drogenproblematik in der EU gestalte sich «zunehmend komplex», heisst es im Bericht. So versuchten Händler und Konsumenten mit den neuen Drogen bestehende Verbote zu umgehen.
Oftmals würden die in europäischen Labors hergestellten oder aus China und Indien importierten Rauschmittel als pflanzliches Räucherwerk, Badesalz, Silberputzmittel oder sogar Pflanzendüngemittel vertrieben. Dabei gewinne das Internet als Marktplatz an Bedeutung.
350 neue Drogen seit 1997
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström äusserte bei der Präsentation die Sorge, dass «die in Europa heute konsumierten Drogen möglicherweise die Gesundheit der Konsumierenden noch stärker schädigen» könnten als früher.
Seit Einrichtung eines Frühwarnsystems im Jahr 1997 wurden der EBDD und Europol inzwischen mehr als 350 neue Drogen gemeldet. Die Flut setzte allerdings erst vor wenigen Jahren ein.
Bis 2006 ging es praktisch immer um eine Handvoll neuer Drogen. 2008 verzeichnete die EBDD noch 13 neue Substanzen. Die Zahl neuer synthetischer Drogen kletterte danach jedoch rapide – 2012 wurden 73 gemeldet.
Der EBDD-Bericht unterstreicht zwar Erfolge im Bereich der «etablierten Drogen» wie Heroin oder Kokain. Hier würden stabile und zum Teil rückläufige Trends bei Konsum und Verfügbarkeit registriert.
Besonders gefährlich seien allerdings Heroinersatzmittel. Die Zahl der Todesfälle infolge des Konsums synthetischer Opiate steige. In drei Viertel aller Fälle von tödlichen Überdosierungen (6100 im Jahr 2012) seien Opiate nachgewiesen worden, heisst es in der Studie.
Stärkeres Ecstasy
Es gebe Anzeichen dafür, so Malmström, dass zum Beispiel auch das auf der Strasse verkaufte Ecstasy immer stärker werde. Diese Feststellung trifft laut EBBD aber auch auf seit langem verbreitete vielkonsumierte «alte Drogen» wie Cannabis zu. «Hier wirken sich neue Herstellungsverfahren unmittelbar auf die Stärke der Cannabisharz- und Cannabiskrautprodukte aus», heisst es.
Mehr als 80 Millionen Menschen in der EU haben dem EBDD-Bericht zufolge in ihrem Leben bereits illegale Drogen genommen. Bei den meisten (73,6 Millionen) handelte es sich um Cannabis, 2013 konsumierten demnach rund 18 Millionen Menschen Marihuana oder Haschisch.
An zweiter Stelle kommt Kokain, das schätzungsweise rund 14 Millionen EU-Bürger bereits einmal genommen haben – im vergangenen Jahr waren es laut dem Bericht rund drei Millionen Menschen. Rund 11,4 Millionen Menschen probierten in ihrem Leben bereits Amphetamine, 2013 waren es 1,5 Millionen.