Bei den von der Schweiz organisierten Ausschaffungsflügen für Asylsuchende gibt es Verbesserungspotenzial. Dies sagt die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter. Vor allem die Vollfesselung sei zu überdenken und auf ihre Verhältnismässigkeit zu überprüfen.
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) zog in einem Bericht Bilanz zu den im Zeitraum von Mai 2013 bis April 2014 begleiteten 26 Zuführungen und 52 zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg. Darin formuliert sie verschiedenen Empfehlungen an die Behörden des Bundes und der Kantone.
Der Fachausschuss «Rückkehr und Wegweisungsvollzug» des Bundesamts für Migration (BFM) nimmt in seiner Stellungnahme zum Bericht «mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die polizeilichen Begleitpersonen ihre Aufgaben im Rahmen der Rückführungen in der Regel kompetent und routiniert erfüllen».
Schwierige Umsetzung
Gleichzeitig macht der Ausschluss deutlich, dass die Empfehlungen der NKVF manchmal schwierig umzusetzen seien. Die Diskussionen rund um die Fesselungen bei Ausschaffungsflügen illustriere das Problem. Die NKVF kritisiert insbesondere den «vorbeugenden» Einsatz solcher Fesselungen.
Die Behörden dagegen argumentieren, dass Fesselungen eingesetzt würden, «um Angriffe oder Selbstverletzungen zu verhindern». Die Vollfesselung sei dabei meist temporärer Natur. Sie werde wieder reduziert oder ganz aufgehoben, sobald sich die betroffene Person beruhigt habe und ein Sicherheitsrisiko ausgeschlossen werden könne.
Der manchmal verwendete Sparringhelm sei «ein Hilfsmittel, das insbesondere dem Selbstschutz der betreffenden Person dient». Erfahrungsgemäss versuchten rückzuführende Personen zum Teil, sich durch Selbstverletzung mittels Anschlagen des Kopfes ihrer Rückführung zu entziehen.
Praxis harmonisieren
Andere Empfehlungen der NKVF wollen die Behörden unmittelbar umsetzen. Beispielsweise liege es auch im Interesse der Behörden, dass die unterschiedlichen Praktiken der Kantone bei der Anhaltung und Zuführung von Rückzuführenden vereinheitlicht würden, hielt der Fachausschuss fest. Die kantonalen Justizdirektoren haben hierzu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Voraussichtlich im Sommer werden die ersten Resultate vorliegen.
Einig sind sich die Behörden darin, dass rückzuführenden Personen, die sich in medikamentöser Behandlung befinden, eine angemessene Reservedosis für den Flug und zur weiterführenden Eigenmedikation im Zielland auszuhändigen ist.
Dass dieser Punkt nicht immer umgesetzt wird, bedauert der Fachausschuss. Er erklärt aber gleichzeitig: «Dass trotz dieser Massnahmen in einzelnen Fällen die Reservedosis für die rückzuführenden Personen ungenügend war, weist darauf hin, dass die Einfuhr von Methadon in einigen Zielstaaten strafbar ist.» In diesen Fällen müsse man folglich aus rechtlichen Gründen auf eine entsprechende Reservedosis verzichten.
Was die medizinische Übergabe im Zielstaat betrifft, halten die Behörden fest: «Die Schweiz kann den Zielstaat aufgrund dessen staatlicher Souveränität jedoch nicht dazu verpflichten, einen medizinischen Empfang zu organisieren.» Im Vorfeld einer Rückführung werde der Zielstaat aber über die Betreuungsbedürftigkeit von rückzuführenden Personen informiert.
Einsatz von Dolmetschern wird geprüft
Weiter versicherte der Fachausschuss, zu prüfen, ob die Praxis bei den Toilettengängen angepasst werden könne und wann der Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern angezeigt sei.
In ihrem Bericht begrüsste die NKVF insbesondere, dass keine weiteren Fälle zwangsweiser Verabreichung von Beruhigungsmitteln beobachtet worden seien.