Wer zu viel trinkt und deshalb ins Spital oder in die Ausnüchterungszelle muss, soll für die Kosten künftig selber aufkommen. Trotz des grossen Widerstandes in der Vernehmlassung hält die Gesundheitskommission des Nationalrates (SGK) daran fest.
Mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung hat die Kommission einen Gesetzesentwurf verabschiedet und ihrem Rat überwiesen, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.
Das Ziel sei die Stärkung der Eigenverantwortung, hält die SGK fest. Medizinische Behandlungen als Folge von übermässigem Alkoholkonsum seien grundsätzlich selbst verschuldet. Deshalb sollten die Betroffenen die Kosten auch selber bezahlen.
Ausnahmen für Alkoholiker
Der Gesetzesentwurf geht auf eine parlamentarischen Initiative des Zürcher SVP-Nationalrats Toni Bortoluzzi zurück. Die Vorlage sieht Ausnahmen vor. So soll die Kostenbeteiligung nicht erhoben werden, wenn eine Person nachweisen kann, dass sie kein Verschulden am übermässigen Alkoholkonsum trifft oder die Leistungen unabhängig vom übermässigen Alkoholkonsum erbracht werden mussten.
Auch für Alkoholabhängige soll es Ausnahmen geben. Ab welchem Pegel ein Trinker allfällige Kosten tragen muss, soll der Bundesrat festlegen. Die neue Regel soll nach dem Willen der Kommission vorerst nur für fünf Jahre eingeführt werden. Bis dann soll der Bundesrat die Wirkung wissenschaftlich überprüfen lassen.
Weg vom Solidaritätsprinzip
Aus Sicht der Gegner würde mit einer solchen Regelung das Versicherungsprinzip der Krankenversicherung ausgehöhlt. Mit der gleichen Argumentation könnten auch Raucher, Übergewichtige oder Überarbeitete zur Kasse gebeten werden, argumentieren sie. Die Rede ist von einem Richtungswechsel: Weg vom Solidaritätsprinzip, hin zum Verursacherprinzip.
Wie die Chancen für die Kostenbeteiligung im Parlament stehen, ist offen. Bei der Beratung des Alkoholgesetzes hatte der Nationalrat einen ähnlichen Antrag aus den Reihen der SVP abgelehnt. In der Vernehmlassung hatten sich Ärzte, Suchtexperten und Kantonsvertreter gegen den Vorschlag ausgesprochen. Auch bei den politischen Parteien überwiegt – ausser bei der SVP und der FDP – die Skepsis.
Kosten von rund 1600 Franken
Nach Ansicht der Suchtverbände würde ein solches Gesetz dazu führen, dass einzelne Personen aus Kostengründen im Notfall nicht mehr ins Spital eingeliefert würden. Denn eine Überdosisbehandlung ist für einen Jugendlichen teuer. Das Universitätskinderspital beider Basel rechnet mit durchschnittlich rund 1600 Franken.
Die Spitäler warnten vor höheren Behandlungskosten. In der Praxis sei es für die Ärzte nämlich oft schwierig, eine Vergiftung eindeutig auf Komatrinken zurückzuführen. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, wären teure Zusatzabklärungen nötig. Viele machten in der Vernehmlassung auch darauf aufmerksam, dass das Rauschtrinken rückläufig ist. Die Behandlungen wegen Alkoholvergiftung haben in den letzten Jahren abgenommen.